EM-Kolumne 2012 Die Spieler lieben ihre Arbeit

Düsseldorf · Kasper Rorsted schreibt als in Deutschland lebender Däne über die beiden Teams, die bei der EM in einer Gruppe spielen. Die Ergebnisse der ersten Partien haben ihm gefallen. Die Arbeit von Bundestrainer Löw vergleicht der Chef der Henkel AG mit der in einem Unternehmen.

EM 2012: Unsere Kolumnisten
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Als Däne habe ich nach mehr als 20 Jahren in Deutschland meine zweite Heimat gefunden. Daher kann ich auch nicht verhehlen, dass mein Fußballherz inzwischen stärker für Deutschland schlägt. Doch bei den Ergebnissen der ersten Spiele kann ich mich für beide Mannschaften freuen.

Wie viele bewundere ich, wie sich die deutsche Nationalmannschaft unter Joachim Löw entwickelt hat. Als Sportler freue ich mich über ihren Offensivfußball, als Unternehmer faszinieren mich die klaren Vorgaben und die starke Führung durch den Trainer und sein Team: Löw formuliert mit seinen Spielern Ziele, erarbeitet Stärken-Schwächen-Analysen und gibt ihnen das Gefühl, dass sie sich weiterentwickeln können. So etwas schafft Klarheit und Vertrauen — die Voraussetzung für den Erfolg.

Kommunikation ist wichtig

Kommunikation auf Augenhöhe und kontinuierliches Feedback — das ist nicht nur für eine Fußballmannschaft, sondern auch in einem Unternehmen wichtig, um sich ständig zu verbessern. Die Spielregeln müssen von der Unternehmensspitze und allen Führungskräften vorgelebt werden — im Fußball vom Trainerstab, vom Mannschaftskapitän und den erfahrenen Spielern. Das alles hat Joachim Löw bisher hervorragend umgesetzt, und das war auch schon beim Sieg gegen Portugal deutlich sichtbar.

Das Spiel hat aber auch gezeigt, dass man Erfolge erarbeiten muss — vor allem, wenn man in einem harten Wettbewerb mit anderen hochmotivierten und exzellenten Mannschaften steht. Von dem schönen, schnellen Spiel der vergangenen Turniere haben wir in diesem ersten Spiel noch nicht so viel gesehen.

Aber hier galt es, gegen eine sehr gute Mannschaft mit einem der besten Einzelspieler der Welt erfolgreich in die Vorrunde zu starten. Das ist letztlich gut gelungen, auch wenn mir am Ende der ersten Halbzeit bei dem Schuss unter die Latte und direkt auf die Torlinie fast erste Zweifel gekommen sind.

Wie sehr man als Favorit in Schwierigkeiten geraten kann, haben die Niederländer im Spiel gegen mein Heimatland Dänemark erfahren müssen. Die Dänen gelten zwar nicht gerade als Gruppenfavorit, aber sie haben gezeigt, dass mit ihnen zu rechnen ist. Bei allen Torchancen der Holländer haben die Dänen am Ende ihre Chancen besser verwertet — auch das zeichnet eine Mannschaft aus.

Und Trainer Morten Olsen hatte zuletzt auch immer wieder betont, dass ihm die Rolle des Underdogs durchaus gefällt, weil das Team gewohnt ist, das Beste auch aus noch so schwierigen Situationen zu machen. Und am Ende zählen nicht die besten und meisten Chancen, sondern dass die Tore auch gemacht werden — das ist im Fußball übrigens genauso wie im Wirtschaftsleben.

Pure Freude am Spiel

Was mir bei beiden Mannschaften, der deutschen und der dänischen, in ihren ersten Spielen gefällt, ist die pure Freude am Spiel —bei den Deutschen zeigt sie sich eher technisch und strategisch, bei den Dänen eher kämpferisch. Die Spieler lieben ihre Arbeit. Das merkt man ihnen an.

Das ist ein tolles Vorbild für jeden, der sich engagiert, beruflich oder privat. Die Spieler gehen respektvoll und freundlich miteinander um. Das gefällt mir sehr. Deswegen bin ich auch zuversichtlich, dass die Deutschen und die Dänen morgen ihre Partien gut meistern werden. Vor allem der Druck, der jetzt auf den Niederlanden lastet, ist groß.

Und je nachdem, wie es morgen für beide Teams läuft, habe ich auch noch die Hoffnung, dass es am Sonntag im Spiel zwischen Dänemark und Deutschland im Grunde nur noch um Platz eins oder zwei in der Gruppe B geht.

(RP/areh)
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