Mit zehn Siegen in zehn Spielen legte die Nationalmannschaft eine bestechende EM-Qualifikation hin. Die Offensivkraft ist ihre überragende Qualität, andererseits blieben nach den Spielen des vergangenen Jahres die Zweifel an der Defensive. Damit sich die Auswahl endlich den großen Traum vom ersten Titelgewinn seit dem EM-Triumph 1996 in England erfüllen kann, braucht sie bei der Europameisterschaft eine starke Abwehr.

Noch ist ungewiss, auf welche Viererkette Bundestrainer Joachim Löw bei der Endrunde in Polen und der Ukraine setzt. Am Samstag, beim Spiel in der Schweiz, kann er sich nach seinen Eindrücken in den Trainingslagern ein weiteres Bild vom Leistungsstand einiger Kandidaten machen — beim letzten Test, bevor er spätestens am Dienstag seinen endgültigen, nur noch 23 Namen umfassenden EM-Kader benennen muss. Da die Profis des FC Bayern erst am Sonntag in die EM-Vorbereitung einsteigen, muss Löw in Basel auf sie verzichten. Die Formüberprüfung hat so nur begrenzte Aussagekraft.

Mertesacker braucht Spielpraxis

Wichtig ist sie allerdings für Per Mertesacker. Wochenlang fehlte er dem FC Arsenal London wegen einer Sprunggelenkverletzung, die eine Operation erforderlich machte. Rechtzeitig zur Kadernominierung wurde er wieder fit. Dem 27-Jährigen wird eine beeindruckende Verfassung bescheinigt. Was er aber dringend benötigt, ist Spielpraxis. Sein großes Kapital ist die Erfahrung aus 79 Länderspielen und drei Turnieren (WM 2006, EM 2008, WM 2010).

Dennoch ist fraglich, ob es für den Innenverteidiger bei der Endrunde zu einem Platz in der Startformation reicht. Holger Badstuber ist nach seiner exzellenten Saison beim FC Bayern für das Abwehrzentrum gesetzt. Die Leistungen von Mats Hummels in der Nationalelf waren bislang recht durchwachsen, doch hat sich der gebürtige Bergisch Gladbacher als tragende Säule bei Meister und Pokalsieger Borussia Dortmund weiter in den Vordergrund geschoben. Deshalb fällt Löws Wahl beim ersten Gruppenspiel am 9. Juni gegen Portugal vielleicht auf ihn. Die Zwischenstation Basel könnte für Hummels morgen vorentscheidend sein.

Die zweite Kernfrage: Auf welcher Seite spielt Philipp Lahm bei der EM? Bayern-Trainer Jupp Heynckes setzt ihn wieder rechts ein. Wenn Lahm im Trainingsquartier Tourettes eingetroffen ist, wird Löw mit dem Münchner über dieses Thema sprechen. Als Kapitän der DFB-Auswahl hat der 28-Jährige sicher keinen geringen Einfluss auf die Entscheidung des Coachs. Kehrt Lahm auch bei Löw auf die rechte Außenbahn zurück, könnte dies die Chance für Marcel Schmelzer auf der anderen Seite sein.

Wie Hummels profitiert der Dortmunder womöglich vom Meister- und Pokalsiegerbonus, obwohl er im Nationalteam längst noch nicht das Format seiner Einsätze in der Klubmannschaft erreichte. Gerade in der entscheidenden Saisonphase hatte Schmelzer starke Auftritte und beeindruckte insbesondere bei der Defensivarbeit gegen den Münchner Arjen Robben. Auf den könnte er auch am 13. Juni stoßen, wenn die Niederlande in Charkow (Ukraine) Gegner ist.