Ungar Gabor Kiraly vor Deutschland-Spiel „Wir wollen ein Stolperstein sein“

Exklusiv | Düsseldorf · Die ungarische Nationalmannschaft hat im Gruppen-Finale gegen Deutschland noch die Chance aufs Weiterkommen bei der EM. Um das Achtelfinale selbst zu erreichen, will man für die DFB-Elf zum „Stolperstein“ werden, wie Ungarns Torhüter-Legende Gabor Kiraly sich erhofft.

 Gabor Kiraly bei einem Länderspiel 2016 in Frankreich.

Gabor Kiraly bei einem Länderspiel 2016 in Frankreich.

Foto: dpa/Tibor Illyes

Es ist ein erstes Endspiel für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft! Wenn am Mittwochabend Ungarn in der Münchener EM-Arena gastiert, geht es für beide Mannschaften noch um das Erreichen des Achtelfinales bei diesem Turnier. Der neuen Spielordnung der Uefa sei Dank. Selbst Ungarn kann nach dem überraschenden 1:1 gegen Frankreich am Samstag noch auf das Weiterkommen hoffen. Mit einem Sieg gegen die DFB-Kicker wäre mindestens Platz drei möglich – und dadurch die Qualifikation für das Achtelfinale als einer der besten Dritten.

Wirklich träumen lassen hatte sich das in Ungarn niemand im Vorfeld des Turniers. Wenngleich Torhüter-Legende Gabor Kiraly so eine Vorahnung hatte, wie er im Gespräch mit dieser Redaktion erzählt. Der ehemalige Keeper von Hertha BSC spielte über viele Jahre selbst in der Nationalmannschaft und sagte im Vorfeld der EM im Gespräch: „Deutschland wird dieses Spiel gewinnen müssen.“ Womit er – zumindest im Hinblick auf den Kampf um den Gruppensieg – recht behalten sollte.

In der als „Todesgruppe“ verschrienen Gruppe F des Turniers mit Frankreich, Portugal, Deutschland und Ungarn kann einer der Gewinner der drei letzten großen Turniere bereits in der Vorrunde ausscheiden. Das Zünglein an der Waage ist die Mannschaft, die eigentlich jeder der großen drei schlagen wollte. „Ungarn versucht für die Favoriten ein schwieriger Gegner zu sein. Das ist auch gegen Deutschland das Ziel. Wir wollen ein Stolperstein sein“, sagt Kiraly.

Bisher ist das durchaus gelungen. Gegen Portugal im Eröffnungsspiel der Gruppe F hielt Ungarn lange gegen die Superstars um Cristiano Ronaldo mit. Erst in der Schlussphase setzte sich der Titelverteidiger dann mit Cleverness und etwas Glück noch mit 3:0 durch. Bis dahin überzeugten die ungarischen Nationalspieler mit jeder Menge Leidenschaft, ohne wirklich gefährlich vor das gegnerische Tor zu kommen. Am vergangenen Samstag dann das überraschende Remis gegen Weltmeister Frankreich, das die ganze Gruppenkonstellation durcheinander würfelt.

„Die kompakte Mannschaft ist unsere größte Stärke“, sagt Kiraly über die aktuelle Generation Nationalspieler seines Heimatlandes. Denn der ganz große Star fehlt beim Turnier. Dominik Szoboszlai von RB Leipzig wurde aufgrund von Verletzungsproblemen erst gar nicht nominiert. „Er fehlt uns. Aber die jungen Spieler haben keine Angst und die anderen im Team haben die Erfahrung, um Verantwortung zu übernehmen“, sagt Kiraly über Ungarn.

Viele Spieler verdienen ihr Geld in der heimischen Liga, andere wiederum bei kleinen Vereinen im Ausland. Aus der Bundesliga sind Willi Orban und Peter Gulasci (RB Leipzig), Roland Sallai (SC Freiburg) und Adam Szalai (Mainz 05) bekannt. Dass so viele Akteure im Kader von Marco Rossi in der Nemzeti Bajnokság, wie die erste ungarische Liga heißt, auflaufen, sieht Kiraly nicht zwingend als Nachteil: „Wir haben eine gute Mischung im Team.“

Zudem säße der richtige Mann an der Seitenlinie. „Der Trainer weiß, wovon er redet. Rossi ist zielstrebig und gibt klare Anweisungen“, sagt Kiraly über den 56-jährigen Italiener, der seit 2018 im Amt ist. Gegen Frankreich durchaus mit Erfolg – und gegen Deutschland?

Kiraly, der durch seine graue Schlabber-Trainingshose berühmt wurde, hofft darauf und mahnt gleichzeitig: „Konzentrationsschwächen dürfen sich die Spieler nicht erlauben.“ Denn dann seien auch die Deutschen schnell und gefährlich vor dem Tor – ähnlich wie es schon im Eröffnungsspiel der Ungarn gegen Portugal der Fall war. Aber daran wollen sie erst gar nicht denken. Schließlich lebt noch die Hoffnung, diese Gruppe tatsächlich zu überstehen. Erstmals bei dieser EM muss Ungarn dann aber ohne das volle Stadion in Budapest auskommen. Für die DFB-Spieler vielleicht der größte Vorteil, damit Ungarn für die deutschen Nationalspieler nicht wirklich der von Kiraly erhoffte „Stolperstein“ wird.

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