Stürmer nach Berg- und Talfahrt Gomez sieht die Nationalelf mittlerweile "absolut als Bonus"

2014 reichte es bei Mario Gomez wegen einer Formschwäche nicht für eine Berufung in den WM-Kader. Mittlerweile hat sich der Stürmer zurückgekämpft und sagt: "Ich möchte keine Minute meiner Karriere missen."

Mario Gomez erzielt erstes Länderspiel-Tor nach fast vier Jahren
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Gomez erzielt erstes Länderspiel-Tor nach fast vier Jahren

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Foto: dpa, chci hak

An den Anruf von Joachim Löw kann sich Mario Gomez noch ganz genau erinnern. Als der Bundestrainer ihm vor zwei Jahren die Nachricht übermittelte, dass er nicht bei der WM dabei sein wird, zog es dem Stürmer den Boden unter den Füßen weg. "Ich hatte keinen Rhythmus, weil ich sieben Monate verletzt war, deshalb war es keine große Überraschung für mich", sagt er im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID): "Aber es ist trotzdem hart. Etwas ahnen und es dann hören, sind zwei Paar Schuhe. Das ist kein schöner Moment, da braucht man schon ein bisschen, um das zu verdauen."

Am Dienstag hat Löw wieder bei Gomez angerufen, und diesmal hatte er wie selbstverständlich bessere Nachrichten. Auch diesmal hatte der inzwischen 30-Jährige geahnt, was kommt: "Man bekommt über die Monate schon ein Gefühl dafür". Dass er im vorläufigen Kader für die EM (10. Juni bis 10. Juli) steht - und sich wohl auch keine Sorgen machen muss, noch gestrichen zu werden - macht ihn trotzdem "absolut happy".

Nach einer extremen Berg- und Talfahrt geht Gomez viele Dinge heute sehr gelassen an. "Es kommt alles so, wie es kommt", sagt er. Vor allem die Nationalmannschaft sehe er "inzwischen absolut als Bonus, weil ich zeitweise ganz weit weg davon war und jetzt wieder so etwas wie mittendrin bin."

Natürlich hat er im Blick, dass das EM-Finale im Stade de France - dort, wo er im November unter den schweren Umständen der Terroanschläge sein Comeback nach mehr als einem Jahr gab - an seinem 31. Geburtstag stattfindet. Dort dabei zu sein, "wäre wunderschön, keine Frage".

"Wenn es drei Minuten sind, sind es eben drei"

Aber Ansprüche stellt er keine. "Ich bin sehr motiviert", stellt er klar: "Aber ich habe in meiner ganzen Karriere nie mein Ego obenan gestellt, und das tue ich jetzt erst recht nicht." Sein Ziel sei es, "Europameister zu werden und meinen Teil dazu beizutragen". Egal, wie groß dieser sein wird: "Es ist die Entscheidung, des Bundestrainers, wie lange er mich braucht. Wenn es drei Minuten sind, sind es drei", sagt er: "Wenn es 20, sind, sind es 20. Wenn es mehr sind, sind es mehr. Und wenn es keine Minute ist, ist es eben leider keine Minute."

Fakt ist: Nach zwei Horror-Jahren mit drei langwierigen Verletzungen, dem WM-Aus, heftigen Pfiffen im einzigen Länderspiel und anschließender Formkrise hat Gomez die Kurve in Istanbul bekommen. Er wurde mit Besiktas erstmals seit sieben Jahren Meister und mit 26 Treffern Torschützenkönig. Gomez habe sein "Näschen für Tore" wiedergefunden, sagte Löw und kommt für den klassischen Strafraumstürmer wohl wieder von seinem Lieblings-System mit der "falschen Neun" ab.

Wo Gomez in der nächsten Saison spielen wird, ist offen. Ein Verbleib bei Besiktas ist sehr gut möglich, eine Rückkehr zu Stammverein AC Florenz wohl ausgeschlossen, die Frage nach einer Rückkehr in die Bundesliga "stellt sich für mich aktuell nicht".

"Planen tue ich sowieso nichts mehr", sagt Gomez. Er genießt die schönen Zeiten, mit den schweren hat er längst seinen Frieden geschlossen. "Im Endeffekt soll wohl alles so sein und alles hat seinen Sinn", sagt er: "Ich möchte keine Minute meiner Karriere missen."

(areh/sid)
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