Starkes Spiel gegen die Slowakei Draxler wird zu groß für Wolfsburg

Lille · Der Mittelfeldspieler liefert im EM-Achtelfinale zwischen Deutschland und der Slowakei eine starke Vorstellung ab und kann seinen Marktwert weiter steigern.

EM 2016: Julian Draxler belohnt sich mit dem 3:0
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Draxler belohnt sich mit dem 3:0

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Julian Draxler hat sich neulich einen kleinen Spaß erlaubt. Der 22-Jährige beobachtete, wie seine Nationalmannschaftskollegen Emre Can, Sami Khedira, Leroy Sane und Lukas Podolski auf einer großen Couch auf der Terrasse des Teamhotels in Evian entspannten. Eine Etage darüber stand der feixende Draxler und spritzte seine Mitspieler mit Wasser nass. Gekicher auf dem Sofa. Gekicher auf dem Balkon. Draxler hat von dieser Szene ganz selbstlos ein Video gedreht und über die Plattform "Instagram" mit der Welt geteilt. Es war ein sichtbares Zeichen, mit welcher Ungezwungenheit er in Frankreich an sein Tagwerk geht.

In den ersten zwei Partien bei der Europameisterschaft gegen die Ukraine und Polen hat Draxler viele Vorurteile von jenen bestätigt, die ihn schon immer als zu phlegmatisch eingestuft haben. Er hatte ein paar gute Aktionen, aber er konnte dem Spiel der deutschen Mannschaft auf der linken Seite nicht nachhaltig seinen Stempel aufdrücken. Ein paar Vorstöße, nichts Halbes, nichts Ganzes. Man hatte sich nicht über die Maße gewundert, dass Bundestrainer Joachim Löw der Offensivkraft gegen Nordirland eine Schaffenspause verordnete.

Draxler hat offenbar verstanden, was Löw von ihm erwartet. Gegen die Slowaken wirkte er wie ausgewechselt. Auf seiner Seite machte er mächtig Dampf und so manchen Gegenspieler in Zweikämpfen nass. Immer wieder ging er in Eins-gegen eins-Situationen und spielte seine technische Klasse aus. Das 2:0 von Mario Gomez bereitete er mustergültig vor, das 3:0 erzielte er mit einem sehenwerten Volleyschuss mit rechts. Es waren Momente, in denen eines der größten Fußballtalente sein Können abrufen konnte.

EM 2016, Deutschland - Slowakei: Einzelkritik
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Deutschland - Slowakei: Einzelkritik

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Foto: dpa, hm

Draxler steigert durch Spiele wie dieses seinen Marktwert nicht unerheblich. Das nutzt ihm allerdings gerade nicht so viel. Seine Karriere steckt in Wolfsburg fest. Beim dortigen Werksklub von Volkswagen erhoffte er sich eine glorreiche Zukunft, jedenfalls eine mit garantierter Teilnahme an der Champions League. Oder mindestens an der Europa League. Der VfL Wolfsburg ist in der neuen Saison für keinen internationalen Wettbewerb qualifiziert - und das gefällt Draxler selbstredend nicht ganz so gut.

Jedenfalls hat er recht deutliche Botschaften ausgesendet, wie er sich seine berufliche Zukunft vorstellt. Er ist gerade erst vor einem Jahr vom FC Schalke 04 für 36 Millionen Euro zu den Niedersachsen gewechselt. Im "Spiegel" hat sich Draxler sehr bereitwillig als Profi porträtieren lassen, für den Wolfsburg eigentlich viel zu klein ist. Die Rede ist davon, mittels Ausstiegsklausel in Höhe von 60 Millionen Euro könnte er aus seinem bis 2020 laufenden Vertrag sofort raus.

In Wolfsburg ist man eifrig bemüht, solche Gedankenspiele möglichst schnell wieder einzufangen. Sportvorstand Klaus Allofs verkündete, man denke gar nicht daran, Draxler vorzeitig abzugeben. Er hat damit den Poker um ihn eröffnet. Allofs will um Draxler eine neue Mannschaft aufbauen. Der weitere Verlauf dieser EM wird zeigen, wie realistisch derlei Planungen sind. Das liegt vor allem an den weiteren Leistungen Draxlers.

(gic)
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