Analyse zur Nationalmannschaft Löw kommt an der Dreierkette nicht vorbei

Düsseldorf/Tiflis · Durch den Sieg in Georgien hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft den Weg zur Bestandssicherung eingeschlagen. Weltmeisterliche Ansprüche hat sie nicht unterstrichen.

Georgien - Deutschland : Einzelkritik
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Der deutsche Fußball ist in Georgien nicht in seine Zukunft aufgebrochen. Das wäre auch eine verwegene Erwartung gewesen. Immerhin aber betrieb die Nationalmannschaft bei ihrem erfreulich ungefährdeten 2:0-Erfolg gegen einen der Riesenzwerge des internationalen Sports ein wenig Bestandssicherung. Nach dem schlappen Auftakt in die Qualifikation war es ein Pflichtsieg auf dem Weg zur EM 2016 in Frankreich. Er verbessert die Chancen nicht, weil die Konkurrenz natürlich auch punkten konnte, aber er erhält sie.

Das muss dem Weltmeister schon reichen. Er hat lange damit zu tun gehabt, mit den Nachwirkungen des größtmöglichen Erfolgs fertig zu werden. Einige Weltmeister fielen ins erwartbare Leistungsloch, einige (namentlich die Weltmeisterchen mit den Miniaturbeiträgen zum Titel) mussten sich erst wieder mit der Gegenwart anfreunden. Einige waren lange verletzt wie Kapitän Bastian Schweinsteiger und Mesut Özil. Und der wichtigste Spieler der vergangenen zehn Jahre ist zurückgetreten. Philipp Lahms selbstverständliche Anwesenheit in allen bedeutenden Teams der jüngeren Vergangenheit hat das Außenverteidiger-Problem in der Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw von der Tagesordnung genommen. Die Nach-WM-Zeit zeigt, dass es eine der wesentlichen Schwierigkeiten beim Umbau der Nationalmannschaft darstellt.

Daran ändert der befriedigende Auftritt der Außenverteidiger Sebastian Rudy und Jonas Hector in Tiflis gar nichts. Beide erledigten ihren Job in der Offensive gegen einen limitierten Gegner ordentlich, defensiv wurden sie nicht gefordert. Niemand tritt ihnen zu nahe, der sie nicht für ganz so talentiert wie Lahm oder Alvaro Arbeloa von Real Madrid hält. Weltmeisterlichen Ansprüchen werden sie auf den Außenpositionen nicht gerecht.

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Ebenso wie in der zentralen Spitze hat Deutschland hier keinen erstklassigen Nachwuchs, während Löw wegen des Angebots an hochtalentierten Mittelfeldspielern - vor allem in der Offensive - vermutlich bei jeder Nominierung schwindlig wird. Also muss der Trainer sein System dem Personal anpassen. Deshalb schickte er bei der WM in Brasilien seine Viererabwehr aus Innenverteidigern (Boateng, Mertesacker, Hummels, Höwedes) auf den Platz, die Spötter wenig gnädig eine "Ochsen-Abwehr" nannten. Und deshalb will er es künftig mit einer Dreier-Abwehr und Außenverteidigern, die eher Außenläufer sind, versuchen.

Die Italiener machen es seit Jahren so, die Chilenen beeindruckten damit auch bei der WM. In beiden Ländern hat sich Löws Chefscout und wichtigster Taktik-Berater Urs Siegenthaler vorsichtshalber mal umgesehen. Mit einem 45-Minuten-Test wie beim Freundschaftsspiel gegen Australien wird Löw die Systemänderung aber sicher nicht erreichen. Schon gegen die USA am 10. Juni soll wieder geprobt werden. Der Abschied von der Viererkette ist jedenfalls beschlossene Sache.

Der Abschied vom Strafraumstürmer nicht, obwohl er nicht Löws Lieblings-Modell entspricht. Wenn er allerdings die Chancenverwertung in ein erträgliches Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis bringen will, kommt er in naher Zukunft nicht an Mario Gomez vorbei. Der Stürmer ist mal wieder fit, und er trifft für den AC Florenz. Es gibt keinen Grund mehr, ihn zu übersehen.

(RP)
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