EM 2016 Polen knöpft Deutschland ein Remis ab

Paris · Weltmeister Deutschland ist im zweiten Gruppenspiel der EM in Frankreich nicht über ein 0:0 hinaus gekommen. Nach einer schwachen ersten Halbzeit von beiden Mannschaften hatte Polen in den zweiten 45 Minuten sogar die besseren Chancen auf den Sieg.

Einzelkritik zur EM-Partie 2016: Deutschland - Polen
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Deutschland - Polen: Einzelkritik

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Foto: dpa, mr

Als Schiedsrichter Björn Kuipers aus den Niederlanden das Spiel angepfiffen hatte, waren die Gewitter über dem Stade de France vorbeigezogen. Das zweite EM-Gruppenspiel der deutschen Mannschaft gestern Abend gegen Polen war also zumindest vom äußeren Rahmen keine düstere Angelegenheit mehr. Vor allem die zahlreichen polnischen Fans hatten sich im Pariser Vorort Saint-Denis die Stimmung vom starken Regen nicht vermiesen lassen. Sie waren auch während der Begegnung entsprechend lautstark. Am Ende konnten sie immerhin über ein torloses Remis gegen den Weltmeister jubeln — und der Außenseiter hatte sogar gute Chancen, das Spiel zu gewinnen.

"Wir können froh sein, dass wir 0:0 gespielt haben", sagte Abwehr-Chef Jerome Boateng, der zusammen mit Rückkehr Mats Hummels gut zu tun hatte gegen stets gefährliche Polen. Vor allem aber bemängelte er die mangelnde Durchschlagskraft in der Offensive. "Wir kommen nicht am Gegner vorbei, wir sind nicht gefährlich, das müssen wir verbessern, sonst kommen wir nicht weit", sagte Boateng im ZDF. "Jetzt müssen wir schauen, dass wir das letzte Gruppenspiel gewinnen, um als Grupenerster durchzugehen", ergänzte Toni Kroos.

Hummels hatte offenbar beim Bundestrainer ein gutes Wort für sich eingelegt. Joachim Löw erklärte vor der Begegnung, er werde mit dem gerade von den Folgen eines Muskelfaserrisses aus dem Pokalfinale genesenen Verteidiger nur dann einsetzen, "wenn ein Risiko zu 100 Prozent ausgeschlossen werden kann". Nach dem Abschlusstraining im Stade de France gaben Spieler und Ärzte grünes Licht. Deshalb stand der ehemalige Dortmunder und künftige Münchner Innenverteidiger gestern in der Startformation. Er ersetzte Shkodran Mustafi, der in der ersten Begegnung mit der Ukraine aufgelaufen war. Das war die einzige Änderung im Vergleich zum Auftaktspiel. Im Angriffszentrum trat wieder Mario Götze an, den Löw ausdrücklich "gegen die Ukraine nicht so schlecht wie manche Kritiker gesehen" hatte.

Die unterschiedlichen Spielentwürfe der beiden Mannschaften wurden schnell deutlich. Die Polen überließen den Deutschen bereitwillig viele Spielanteile, und sie zogen sich beim Ballbesitz der DFB-Auswahl weit in die eigene Hälfte zurück. Arkadiusz Milik, nominell die zweite Spitze neben dem Bayern-Stürmer Robert Lewandowski, ging an den Mittelkreis der eigenen Hälfte und half da, dem deutschen Mittelfeld die Räume zu verstellen.

Löw hatte seinem Team offensichtlich den Auftrag erteilt, die dichte polnische Abwehr mit diagonal geschlagenen Pässen auseinander zu ziehen. Das gelang nur sehr bedingt, weil es im Anschluss an die Spielverlagerung an Tempo fehlte. Viele Angriffe verliefen dann nach dem gleichen Muster: Langer Pass, der Verteidiger kontrollierte den Ball, spielte nach hinten in die Mitte, und von dort gab es zu selten kurze Pässe in die Tiefe. Weil aber auch Polens Ansatz, nach dem Ballgewinn schnell in den Angriff durchzustarten, lange ein Ansatz blieb, gab es in der gesamten ersten Halbzeit keine richtige Torchance.

Milik vergibt Polens beste Chance

Das änderte sich unmittelbar nach dem Wechsel. Polen kam auf der linken deutschen Abwehrseite durch, Milik stand nach Kamil Grosickis Flanke völlig frei und köpfte am Tor vorbei. Im Gegenangriff wurde Götze freigespielt und scheiterte mit seinem Schuss an Torwart Lukasz Fabianski. Die Teams hatten sich gegenseitig geweckt, und es kam deutlich mehr Leben in die Bude. Zum letzten Risiko fühlte sich aber natürlich keines der Teams verpflichtet. Schließlich gingen beide mit Siegen aus ihren ersten Partien ins Spiel.

Deswegen gab es neben den ersten Torgelegenheiten auch lange Phasen eines Aufbauspiels mit konsequenter Absicherung von hinten. Der Respekt vor den gegnerischen Stürmern war auf beiden Seiten erkennbar groß. Berechtigt, wie die Rettungstat von Boateng gegen seinen Klubkollegen Lewandowski bewies. Der Pole hatte sich in Boatengs Rücken freigelaufen, seinen Schuss blockte der deutsche Verteidiger im letzten Moment. Lewandowski erfreute sich überhaupt sehr aufmerksamer Betreuung, was auf Götze auf der anderen Seite auch zutraf. Er bewegte sich erneut viel, fand jedoch kaum mal Raum für Dribblings. Seinen Kollegen in der offensiven Abteilung erging es nicht besser. Weil Götze sich müde gelaufen hatte, wurde er gegen André Schürrle ausgewechselt. Der zuvor reichlich unglücklich spielende Thomas Müller ging in die Spitze, wenig später wurde er dort von Mario Gomez abgelöst. Aber auch das brachte nicht mehr den gewünschten Erfolg.

(pet)
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