Ein Experte, drei Meinungen Gute Löw-Ratschläge von den Ehemaligen

Düsseldorf · Frühere Nationalspieler und Trainer stehen als Experten hoch im Kurs. Manche sagen deutlich ihre Meinung, andere bleiben im Ungefähren. Wieder andere ändern ihre Meinung auch mal. Unter dem Strich steht aber: Bei den entscheidenden Fragen sieht es jeder anders.

 Joachim Löw auf dem Trainingsplatz.

Joachim Löw auf dem Trainingsplatz.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Ein Sender, ein Experte, drei Meinungen: Mario Basler ist sich offenbar nicht ganz sicher. „Ich habe schon vor der WM 2018 gesagt, dass wir die Vorrunde nicht überleben werden“, sagte der Europameister von 1996 vor ein paar Tagen in der TV-Sendung „Doppelpass“ bei Sport1 und ergänzte mit Blick auf die EM: „Diesmal befürchte ich das Gleiche.“ In einem am Freitag erschienenen Online-Interview auf sport1.de erklärte der 52-Jährige schließlich etwas vage: „Es kann gut laufen, kann aber auch nach der schweren Vorrunde vorbei sein.“ Und im Werbe-Video „Basler ballert“, das ebenfalls zum Turnierstart am Freitag erschien, sagte er: „Ich glaube, die Nationalmannschaft kommt ins Viertelfinale.“ Wofür sie die Vorrunde überstehen müsste.

Dass seine Arbeit von 82 Millionen Bundestrainern beurteilt wird, ist Joachim Löw längst gewohnt. Doch mindestens genauso erschwert wird die Arbeit des (noch) einzig amtierenden Fußball-Bundestrainers durch die Einschätzungen von einem Heer von Experten. Dieser Tage sind sie wieder überall zu hören und lesen. In Gastkolumnen wie von Berti Vogts bei „t-online.de“, Philipp Lahm in der „Zeit“ oder von Torsten Frings bei Sky. In Interviews wie von Michael Ballack im „Sportbuzzer“, Markus Babbel bei Sport1 oder Olaf Thon bei RTL.

Und es gibt ja auch noch den allgegenwärtigen Lothar Matthäus. Schaut man sich ihre Meinungen zu den wichtigsten Themen an, fällt vor allem eines auf: Einig sind sich die Herren Ex-Nationalspieler keineswegs.

  • Wie weit kommt Deutschland?

Vogts ist optimistisch. „Als DFB-Team muss der Titel das Ziel sein. Machen wir uns doch nicht kleiner als wir sind“, sagt der frühere Bundestrainer. Und auch Matthäus ist guter Dinge. „Mindestens das Halbfinale“ erreiche das DFB-Team: „Aber ich traue Deutschland definitiv auch mehr zu.“ Ballack drückte sich dagegen vorsichtig aus. „Um gegen die Top-Nationen zu bestehen, muss sich einiges verbessern“, sagt der ehemalige „Capitano“.

Basler hätte „keinen zurückgeholt“. Er erinnert an die WM 1998, als Vogts Matthäus zur Rückkehr überredete und damit unter anderem Libero Thon verunsichert habe. Bei Thon selbst scheint das Trauma aber nicht tief zu sitzen. Für ihn war das Comeback von Müller und Hummels „alternativlos“. Und auch Vogts findet Löws Einsicht „richtig“. Für Babbel kam sie sogar „fast zu spät“. Lahm lässt dagegen Zweifel durchschimmern. Die Frage sei, „wie sich das auf die Hierarchie auswirkt“.

Bastian Schweinsteiger hat es 2014 erlebt. Löw schob Kapitän Philipp Lahm während der WM von dessen Lieblingsposition im zentralen Mittelfeld nach rechts hinten und wurde Weltmeister. So sollte er nun auch bei Kimmich verfahren, glaubt Schweinsteiger. „Die Versetzung auf die rechte Seite ist die richtige Entscheidung“, twitterte der ARD-Experte. Er sei „einer der besten Sechser der Welt“, habe aber „Pech“, auch die beste Option rechts zu sein. So sieht es auch Thon. „Im Mittelfeld haben wir große Qualität, da ist der Unterschied nicht so groß. Aber rechts hat Klostermann nicht überzeugt.“ Stefan Effenberg sieht das anders. Kimmich müsse vor der Abwehr gesetzt sein, sagt er dem „Kicker“. Vogts mahnt gar: „Ohne ihn in der Zentrale werden wir im Zentrum von Frankreich überrannt.“ Lahm gibt sich wieder diplomatisch: Kimmichs „beste Position“ sei vor der Abwehr, ihn rechts spielen zu lassen, sei „aber schon eine gute Überlegung“.

  • Sollte Löw mit Dreier- oder Viererkette spielen lassen?

Für Ballack ist der Fall klar. „Die guten Spiele mit einer Dreierkette waren überschaubar“, sagt er: „Von daher Viererkette.“ Für Matthäus aber ist „die Dreierkette ein gutes System, das zum Auftakt der Schlüssel sein kann“. Auch Frings glaubt an drei beziehungsweise fünf Abwehrspieler: „Der Vorteil der Dreierkette ist, dass du immer noch einen Sicherheits-Anker hast.“ Das Machtwort spricht diesmal Vogts: „Kurz und knapp die Erklärung eines ehemaligen Bundestrainers: Die Ausrichtung der Kette ist Interpretationssache – und kann sich von Spiel zu Spiel ändern.“

(stja/dpa)
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