Bundestrainer muss entscheiden Wen nominiert Löw für Rüdiger nach?

Évian-les Bains · Das erste Training in Frankreich war für Antonio Rüdiger auch schon das letzte. Das EM-Aus des Innenverteidigers stellt den Weltmeister vor ein Problem. Löw muss nachnominieren: Rudy? Tah? Oder Mister X?

EM 2016: Kreuzbandriss! Rüdiger bricht Training ab
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Kreuzbandriss! Rüdiger bricht Training ab

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Das EM-Aus von Innenverteidiger Antonio Rüdiger hat die Stimmung bei der deutschen Nationalmannschaft nur wenige Stunden nach dem Einzug ins Turnierquartier empfindlich getrübt. Die Verletzung, die der 23 Jahre alte Innenverteidiger des AS Rom am Dienstagabend beim ersten Training des Weltmeisters auf französischem Boden erlitten hatte, erwies sich bei der Untersuchung durch Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt als vorderer Kreuzbandriss im rechten Knie. Konsequenz für den Turnierdebütanten Rüdiger: Mehrere Monate Wettkampfpause statt des erhofften EM-Debüts in Frankreich.

DFB-Präsident Reinhard Grindel sprach dem Pechvogel bei seiner Begrüßung der Nationalmannschaft am Dienstagabend im Teamhotel in Évian-les-Bains sein Mitgefühl aus. "Ich will damit beginnen, lieber Toni Rüdiger, Ihnen von Herzen alles Gute zu wünschen", sagte der Verbandschef nach DFB-Angaben in seiner Ansprache. "Es tut mir unendlich leid. Wir hoffen, dass es Ihnen bald wieder richtig gut geht. Wir drücken Ihnen alle Daumen, die wir haben."

Der Trainingsunfall, der sich im Spiel Neun gegen Neun bei einem Zweikampf von Rüdiger mit Angreifer Thomas Müller ereignet hatte, ist für Joachim Löw ein bitterer Schlag in der Endphase der Vorbereitung auf das erste Gruppenspiel am Sonntag in Lille gegen die Ukraine.

Der athletische Rüdiger war im Personalkonzept des Bundestrainers als Partner von Jérôme Boateng im Abwehrzentrum vorgesehen. Der in den vergangenen fünf Länderspielen jeweils über 90 Minuten aufgebotene ehemalige Stuttgarter Rüdiger sollte mindestens in den ersten Turnierspielen den nach einem Muskelfaserriss in der Wade noch nicht wieder einsatzfähigen Mats Hummels im Abwehrzentrum ersetzen.

"Die Chancen stehen gut", hatte Rüdiger nach dem 2:0 gegen Ungarn bei der EM-Generalprobe am Wochenende in Gelsenkirchen gegen Ungarn noch selbst angemerkt. "Es wird immer besser", sagte der Youngster da noch voller Vorfreude auf sein erstes großes Turnier in diesem Sommer. Vor Rüdiger musste Löw schon den Ausfall der Dortmunder Ilkay Gündogan und Marco Reus verkraften.

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Löw muss nach der Schock-Nachricht über eine Nachnominierung für Rüdiger entscheiden. Da sich der Verteidiger vom AS Rom die Blessur vor dem ersten Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft am Sonntag gegen die Ukraine zugezogen hat, greift Artikel 44.03 des Turnierregelwerks der Uefa. Darin heißt es:

"Sollte sich ein Spieler der Liste vor dem ersten Endrundenspiel seiner Mannschaft eine schwere Verletzung oder Krankheit zuziehen, so kann er nur ersetzt werden, wenn ein Arzt der Medizinischen Kommission der Uefa und der betreffende Mannschaftsarzt die Schwere der Verletzung bzw. Krankheit und die Unfähigkeit zur Teilnahme an der Endrunde bestätigen. Unter Vorbehalt der definitiven Genehmigung der Uefa-Administration wird der verletzte bzw. kranke Spieler in der Liste der 23 für die Teilnahme an der Endrunde gemeldeten Spieler ersetzt." Die Bestätigung der Uefa-Mediziner ist im Falle von Rüdiger eine Formalie.

Neben Boateng, der beim ersten Training nicht voll belastbar war, stehen ihm im EM-Kader noch Shkodran Mustafi und der eigentlich für die rechte Abwehrseite vorgesehene Schalker Benedikt Höwedes als gelernte Innendecker zur Verfügung. Als Abwehrspieler hatte der Bundestrainer Sebastian Rudy während des Trainingslagers aus dem endgültigen Aufgebot gestrichen. Den Hoffenheimer könnte Löw jetzt zurückholen.

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Eine Option wäre auch der Leverkusener Jonathan Tah. Den 20-Jährigen hatte Löw Ende März beim 2:3 im Freundschaftsspiel gegen England 45 Minuten getestet. Der ursprüngliche Plan, Tah als Führungsspieler des DFB-Teams bei den Olympischen Sommerspielen in Rio einzusetzen, könnte nach Rüdigers Ausfall hinfällig sein. "Wenn irgendein Spieler ausfallen sollte, gibt es einen anderen", hatte Löw während der Vorbereitung zu immer wieder eintretenden Verletzungen gesagt. Eine dritte Variante neben Rudy und Tah wäre Matthias Ginter. Der Weltmeister hatte jedoch wie Tah den Sprung ins EM-Aufgebot verpasst.

Doch vielleicht hat Löw ja auch eine Überraschung für alle parat und nominiert gar keinen Abwehrspieler nach. Löw ist bei seiner Auswahl nicht an die Spielposition gebunden, er könnte theoretisch auch einen Mittelfeldmann oder gar Stürmer nachnominieren. Vor der WM 2014 holte er für den verletzten Offensivmann Marco Reus überraschend Verteidiger Shkodran Mustafi. Nur beim Torwart ist die Zahl der EM-Fahrer klar definiert. "Drei der aufgeführten 23 Spieler müssen Torhüter sein", heißt es in EM-Statuten.

(can/dpa)
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