Deutschland im Viertelfinale gegen Italien Conte: "Müssen etwas Außergewöhnliches schaffen"

Saint-Denis · Erst tröstete Gianluigi Buffon den enttäuschten Kollegen Iker Casillas, dann hängte sich Italiens Torwart-Oldie spielerisch leicht und lächelnd an die Latte: Nach dem 2:0 (1:0) über den entthronten EM-Champion Spanien ließen sich die ausgepumpten Spieler der Squadra Azzurra von ihren Fans feiern. Und sie fühlen sich trotz großen Respekts bereit für den nächsten K.o.-Kracher gegen Weltmeister Deutschland.

EM 2016: Italien-Trainer Antonio Conte flippt völlig aus
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Italien-Trainer Conte flippt völlig aus

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Foto: dpa, kne nic

"Zwei großartige Mannschaften, es ist klar, dass sie der Favorit sind. Wir müssen wirklich etwas Außergewöhnliches schaffen, noch mehr als heute, sonst reicht es gegen Deutschland nicht", sagte mit Blick auf das Viertelfinale am Samstag in Bordeaux 1:0-Torschütze Giorgio Chiellini. "Wir haben im März 1:4 in Deutschland verloren, das haben wir nicht vergessen", ergänzte Trainer Antonio Conte. "Wir spielen gegen die beste Mannschaft dieses Wettbewerbs und werden ein enormes Spiel zeigen. Wir wissen, wenn die Dinge schwierig werden, können wir antworten. Ab morgen denken wir an Deutschland. Die beste Mannschaft, besser als wir. Ich habe kein Problem, das zu sagen."

Bundestrainer Joachim Löw erwartet "ein heiß umkämpftes, interessantes, intensives Spiel" gegen Italien. "Ich glaube, dass die beiden bislang besten Mannschaften des Turniers jetzt gegeneinander spielen", erklärte Löw. "Italien versteht schon, die Räume eng zu machen, ist zweikampfstark. Das ist schon imponierend, wie Italien spielt", sagte der Cheftrainer der deutschen Nationalmannschaft am Montagabend im DFB-Basisquartier in Évian-les-Bains."Deutschland hat immer verloren bei den Turnieren gegen Italien. Jetzt haben wir die Chance, das mal umzudrehen", führte Löw einen weiteren besonderen Reiz des Aufeinandertreffens an.

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Pressestimmen zu Italien - Spanien

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"Conte ist ein Maestro"

Nach der geglückten Revanche an Spanien für die bittere 0:4-Pleite im EM-Finale 2012 und dem ersten Pflichtspiel-Erfolg über die Iberer seit 1994 kann Deutschland kommen. Chiellini (33.) und Graziano Pelle (90.+1) schossen die von Conte unerwartet mutig eingestellten Azzurri am Montag vor 76.165 Besuchern im Stade de France in Saint-Denis zum verdienten Erfolg. "Conte ist ein Maestro", schwärmte Chiellini.

"Gegen Deutschland wird es sehr schwer. Wir erholen uns nun, genießen diesen Zug und bereiten uns vor, auch wenn wir wissen, dass es wohl noch schwerer wird", erklärte Conte, der seinen Kollegen Vicente del Bosque und dessen Akteure überraschte. Spaniens ebenso enttäuschender wie enttäuschter Spielmacher Andrés Iniesta räumte ein, dass das Aus verdient war: "Wir müssen die Enttäuschung akzeptieren. Die Italiener waren in den entscheidenden Momenten effektiver." Und Del Bosque, der seine Zukunft nach der Partie offen ließ, gab zu: "Wir haben alles versucht, aber wir müssen die Niederlage akzeptieren."

Während er demselben Team wie in den drei Gruppenspielen vertraute, veränderte Conte seine Startelf im Vergleich zum 0:1 gegen Irland gleich auf acht Positionen. Und die übernahm gleich das Kommando. Die Spanier kamen hingegen über weite Strecken nicht ins Spiel. Ihr Innenverteidiger-Duo Piqué/Ramos hatte größte Mühe, hinten den Laden zusammenzuhalten. Und vorne kam vor allem von Iniesta viel zu wenig.

EM 2016: Gianluigi Buffon jubelt auf der Latte
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Buffon jubelt auf der Latte

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Foto: dpa, hm

De Gea rettet gegen Pelle

Deshalb war es beinahe logisch, dass Italien auch die erste Chance hatte. Pelle zwang Keeper David de Gea mit einem Kopfball zu einer Glanzparade (9.). Zwei Minuten später traf Emanuele Giaccherini per Fallrückzieher nur den Pfosten, wurde aber zurecht zurückgepfiffen.

Del Bosque lief ungewohnt aufgeregt an der Seitenlinie auf und ab, denn das Durcheinander in der Defensive seines Teams ging munter weiter. Abwehrchef Sergio Ramos rettete bei einer scharfen Hereingabe in höchster Not vor Pelle und hatte Glück, dass sein Querschläger neben statt ins eigene Tor ging (29.). Dann aber das verdiente 1:0 für Italien: De Gea ließ Eders scharfen Freistoß abprallen, und der nachsetzende Chiellini erzielte sein siebtes Länderspieltor. Es war der erste EM-Gegentreffer für Spanien in einer K.o.-Runde seit 2000.

Chiellini staubt zum 1:0 ab
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Chiellini staubt zum 1:0 ab

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Foto: afp

Nach dem Wechsel brachte Del Bosque in Aritz Aduriz für Nolito einen frischen Angreifer, um die lahme Offensive endlich in Gang zu bekommen. Und tatsächlich - der Europameister von 2008 und 2012 und Weltmeister von 2010 meldete sich zurück. Allerdings blieben die Italiener gefährlich, obwohl sie ein wenig Angst vor der eigenen Courage bekommen zu haben schienen. Bei einem Konter rettete De Gea vor dem allein vor ihm auftauchenden Eder stark (55.).

Auch wenn Spielmacher Iniesta weiter weitgehend abtauchte, kamen die Spanier in der zweiten Halbzeit deutlich besser ins Spiel. Auch, weil die Italiener ihrem hohen Tempo Tribut zollen mussten und hinten zu wackeln begannen. Aber der viermalige Weltmeister hatte ja auch noch Buffon im Tor. Der 38-Jährige rettete gegen Iniesta (76.) und Piqué (77./89.) dreimal glänzend. Pelle sorgte dann nach Darmians Vorlage dafür, dass die Tifosi nach einer Zitter-Schlussphase jubeln durften.

(dpa)
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