Nationalspieler im Porträt Christian Günter ist der Verteidiger mit Überraschungseffekt

Düsseldorf · Er war eine der großen Überraschungen bei der Kader-Bekanntgabe für die Europameisterschaft: Christian Günter vom SC Freiburg. Der Linksverteidiger gehört zu den Dauerbrennern der Bundesliga. Joachim Löw und Christian Streich loben seine Entwicklung.

SC Freiburgs Nationalspieler Christian Günter im Bundesligaspiel gegen Hertha BSC.

SC Freiburgs Nationalspieler Christian Günter im Bundesligaspiel gegen Hertha BSC.

Foto: AP/Michael Sohn

Es lief die 81. Minute am 33. Spieltag der abgelaufenen Saison. Der SC Freiburg lag mit 1:2 gegen Bayern München zurück, Robert Lewandowski kämpfte gerade um sein 41. Bundesligator. Da sprintete Freiburgs Linksverteidiger Christian Günter nach einem Doppelpass mit Vincenzo Grifo über den halben Platz und traf mit seinem starken linken Fuß wuchtig zum Ausgleich. Dafür brauchte es Einsatzwillen, Schnelligkeit und Zug zum Tor. Das sind die Stärken, die den Freiburger Kapitän ausmachen – und ihm einen Platz im EM-Kader von Joachim Löw einbrachten.

Der Bundestrainer attestierte ihm bei der Kader-Bekanntgabe eine „tolle Entwicklung“ in den vergangenen Jahren. „Ihn zeichnet aus, dass er eine sehr gute Dynamik hat und dass er sowohl in der Defensive wie auch in der Offensive sehr viel Energie ins Spiel bringt“, sagte Löw. Günter habe außerdem „eine hohe Schnelligkeit und auch eine gewisse Torgefahr“.

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Drei Tore und drei Assists gelangen dem 28-Jährigen in der vergangenen Bundesliga-Spielzeit. Er stand in jeder Minute auf dem Platz, das schafften nur zwei weitere Feldspieler. Seit Jahren gehört er zu den Dauerbrennern der Liga. Günter kommt inzwischen auf 293 Pflichtspiele für den SC Freiburg. Seit vergangenem Sommer ist er Kapitän. Im März dieses Jahres verlängerte er seinen Vertrag erneut.

Im Mai 2014 debütierte Günter für die Nationalmannschaft im Testspiel gegen Polen. Danach folgte lange keine weitere Einladung. „Natürlich war der Traum immer noch da“, sagte Günter in einem Video des SC Freiburg nach der EM-Nominierung. Ein Traum, der nun in Erfüllung ging: „Der Trainer hat mich am Montag in sein Zimmer geholt und gesagt, er muss mir was sagen: Dass der Herr Löw angerufen hat. Wenig später habe ich dann noch mit dem Herrn Löw selbst telefoniert.“ Er sei sehr überrascht gewesen und freue sich sehr: „Jedes Kind träumt davon und so war es natürlich auch bei mir.“

„Der Trainer“ ist Christian Streich, der Günter schon während seiner gesamten Karriere begleitet. Nach der Nominierung sagte Streich: „Da sieht man mal wieder: Mentalität, Einstellung, Aushalten und Durchsetzungsvermögen schlägt Talent.“ Wobei Günter auch talentiert sei, schob Streich hinterher, er habe Schnelligkeit und „einen guten Körper“. Sein Schützling habe aber vor allem immer versucht, sich zu verbessern. „Er hat Phasen ausgehalten, in denen es noch nicht nach Wunsch lief. Er hat immer an sich geglaubt und immer extrem an sich gearbeitet. Das ist der Grund, warum er jetzt dort steht.“

Es mag also andere geben, die mit noch mehr Talent auf die Welt gekommen sind, aber Günter setzte sich durch. Als er 13 Jahre alt war, entdeckte ihn der SC Freiburg. Dann in der B-Jugend habe er laut Streich „nicht sehr viele Spiele gemacht“. Schließlich wurde er aber DFB-Pokalsieger mit der A-Jugend des Vereins, und zwar als Kapitän.

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Günter wirkt bescheiden, nicht nur bei der Reaktion auf seine Nominierung. Instagram-Posts unterschreibt er gerne mit „Euer Günni“. In der Jugend pendelte er wegen der Schule fünf Jahre lang zwischen seinem Heimatort Schramberg-Tennenbronn und dem Verein in Freiburg. Anders als viele andere Profifußballer hat Günter außerdem eine Ausbildung absolviert, er ist gelernter Industriemechaniker.

Zu seinen Chancen bei der Europameisterschaft sagte Günter dem SWR: „Ich fahre nicht hin und mache den großen Macker und meine, ich muss in jedem Spiel auf dem Platz stehen. Ich werde die Rolle einnehmen, die der Bundestrainer für mich vorsieht. Ob das dann auf dem Platz ist, auf der Bank oder vielleicht auch mal auf der Tribüne – dann soll das so sein.“

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Bei der EM hat er auf seiner Position zwei starke Konkurrenten mit deutlich mehr internationaler Erfahrung: Marcel Halstenberg von RB Leipzig und Robin Gosens von Atalanta Bergamo. Dennoch ist es Günter zuzutrauen, dass er Spielminuten sammeln wird. Wenn, dann wird er sie mit vollem Einsatz zu nutzen wissen.

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