Skandal-Nudel Cassano Todesangst und Fettnäpfchen

Krakau · Mit schwulenfeindlichen Aussagen eckte Antonio Cassano während der EM mal wieder an. Der Rebell, der vor acht Monaten beinahe gestorben wäre, ist trotz allem eine der unverzichtbaren Figuren in der Squadra Azzurra.

Cassano feiert in Unterhose
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Manchmal erweckt Antonio Cassano den Eindruck, als würde er die turbulenten letzten Monate immer noch verarbeiten. So wie am Dienstag, als er ein paar Minuten vor seinen Teamkollegen den Trainingsplatz in Krakau betrat, sich alleine auf die Ersatzbank setzte und minutenlang regungslos in die Ferne starrte. Seine Herzoperation, das erfolgreiche Comeback in der italienischen Nationalmannschaft, der anschließende Skandal bei der EM - es gibt derzeit viele Dinge, die Cassano aufwühlen könnten.

Cesare Prandelli wählt seine Worte sorgfältig. "Antonio macht seine Sache hervorragend. Ich wünschte, wir hätten mehr Spieler wie ihn, selbst wenn sie gerade nur 50 Prozent ihrer Leistung abrufen könnten", sagte der Trainer der Italiener und brachte so eine riesige Wertschätzung zum Ausdruck. Cassanos Aussetzer? Die Leidensgeschichte? Prandelli sieht immer zuerst den Sportler Cassano.

Loch in den Herzvorhöfen

Vor knapp acht Monaten wäre der Offensiv-Allrounder des AC Mailand beinahe gestorben. Damals schlossen Spezialisten der Poliklinik Mailand ein Loch zwischen seinen Herzvorhöfen. "Ich hatte Angst zu sterben", sagte Cassano damals: "Und als diese Ängste weg waren, habe ich immer noch daran gedacht, meine Karriere zu beenden."

Doch der 29-Jährige machte weiter, zur Freude der Tifosi und seines Trainers. "Cassano hat vier Spiele in Folge für uns gespielt, und das nach mehrmonatiger Pause", sagte der Coach, der die Präsenz und Aktivität Cassanos auf dem Platz schätzt - auch wenn der Angreifer noch auf der Suche nach dem alten Rhythmus ist. Mehr als ein Tor beim 2:0 gegen Irland ist ihm bislang nicht gelungen. Doch auch Cassano ist genügsam geworden.

"Wenn ich ehrlich bin: Ich hatte nicht mehr mit meiner EM-Teilnahme gerechnet. Es war beängstigend, zwischen Tod und Leben zu stehen. Ich bin Gott sehr dankbar", sagte der 29-Jährige in der Casa Azzurri in Krakau. Und wenige Minuten später trat er mal wieder in ein Fettnäpfchen, wie schon so oft in seinem Leben.

Schwulenfeindliche Äußerungen

Konfrontiert mit Gerüchten, im Team der Italiener gebe es zwei Homosexuelle und einen Bisexuellen, sorgte er für Aufregung. "Ich weiß es nicht, aber ich hoffe, dass es keine gibt", sagt Cassano und fügte an: "Wenn es Schwule in unserem Team gibt, ist es ihre Sache." Nachdem ein Aufschrei der Entrüstung durch Italien gegangen war, entschuldigte sich Cassano kleinlaut.

Vor dem Bekanntwerden seiner gesundheitlichen Probleme galt er als Enfant Terrible erster Güte. So wurde er während seines halbjährigen Intermezzos bei Real Madrid mehrfach aus disziplinarischen Gründen aus dem Kader geworfen. Bei Sampdoria Genua pöbelte er Präsident Riccardo Garrone wegen eines Streits um einen Sponsorentermin derart rüde an, dass der Klubchef ihn suspendierte und Anfang 2011 zum AC Mailand ziehen ließ.

Cassanos behielt sein hitziges Temperament. "Wenn ich nicht Fußballspieler geworden wäre, wäre ich Verbrecher geworden", schrieb Cassano in seiner Biografie, in der er auch ausführlich über seine zahlreichen Frauengeschichten berichtet. Mittlerweile ist er mit seiner Frau Carolina und seinem Sohn Christopher glücklich. "Ich bin jetzt viel ruhiger", sagt er - naja, meistens.

(sid)
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