Torwartdiskussion in Polen Stammkeeper oder Volksheld?

Warschau · Wojciech Szczesny oder Przemyslaw Tyton: Vor dem Gruppenendspiel gegen Tschechien muss Trainer Franciszek Smuda die heikle Torwartfrage bei EM-Co-Gastgeber Polen lösen.

EM 2012: Grieche Karagounis verschießt Elfmeter
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Nationaltrainer Smuda steckt in der Zwickmühle: Er kann seiner etatmäßigen Nummer eins Szczesny nach dessen abgelaufener Rot-Sperre vertrauen - und sich damit gegen den Publikumsliebling entscheiden. Oder er stellt am Samstag in Breslau Tyton zwischen die Pfosten - und vergrätzt einen glänzenden Torhüter mit Erfahrung aus der Premier League.

Smuda macht nur vage Andeutungen. "Wir haben von Anfang an gesagt, dass Wojciech Szczesny die Nummer eins ist. Es besteht eine Chance, dass er gegen Tschechien spielt. Wir werden 24 Stunden vor dem Spiel eine Entscheidung treffen", sagte der polnische Coach vor dem wichtigsten Spiel des WM-Dritten von 1974 und 1982 in der jüngeren Fußball-Geschichte. Gelingt gegen die Tschechen der erste EM-Sieg der Historie, steht Polen im Viertelfinale, bei einem Unentschieden oder einer Niederlage sind die "weißen Adler" draußen.

Geht es nach den Anhängern, wird Tyton im Tor stehen. In einer Umfrage des Fernsehsenders "TVN24" hatten sich bis zum Donnerstagmittag 74 Prozent der Teilnehmer für den Schlussmann des niederländischen Erstligisten PSV Eindhoven ausgesprochen. "Smuda will Szczesny, und die Fans wollen Tyton", titelte auch die polnische Zeitung "Gwizdek24".

"Jeder unserer Torhüter hat seine Vorteile"

In anderen Blättern wurde eifrig spekuliert, dass am Ende gar nicht Smuda, sondern Torwarttrainer Jacek Kazimierski die Entscheidung treffen wird. Aber auch Kazimierski hielt sich bedeckt und erklärte lapidar: "Jeder unserer Torhüter hat seine Vorteile." Die Feldspieler lässt das "große Dilemma" zumindest äußerlich kalt. Beide seien gute Torhüter. Da sei es egal, wer spiele, sagte Kapitän Jakub Blaszczykowski vom deutschen Meister Borussia Dortmund. Gute Argumente gibt es sowohl für Szczesny als auch für Tyton.

Der 22-jährige Szczesny spielte in der englischen Premier League beim FC Arsenal eine tolle Saison, bevor er im Eröffnungsspiel gegen Griechenland (1:1) als Verlierer vom Platz schlich. Beim griechischen Ausgleich durch Dimitrios Salpingidis sah er nicht gut aus, dann flog er nach einer Notbremse vom Platz. Tyton nutzte seine große Chance, hielt den fälligen Strafstoß von Georgios Karagounis und wurde binnen Sekunden zum Helden.

Keine Kampfansagen von den Keepern

Ansprüche auf einen Stammplatz nach der Rückkehr Szczesnys stellt Tyton trotz seiner Glanztat und einer souveränen Leistung im zweiten Gruppenspiel gegen Russland (1:1) nicht. "Ich habe die Chance bekommen, dem Team zu helfen - das war für mich wie ein Traum. Mein Einsatz war ein Geschenk. Ich bin unglaublich glücklich", sagte Tyton und fügte an: "Jeder will spielen, und jeder wird für seinen Platz kämpfen."

Auch Szczesny verzichtete auf eine Kampfansage. "Ich bin bereit. Daher hoffe ich, in der Startaufstellung zu sein. Wenn es einen Konkurrenzkampf gibt, kann es der Mannschaft nur helfen", sagte er. Am Tag nach dem Eröffnungsspiel titelte das Webportal "Interia": "Hölle für Szczesny - Himmel für Tyton". Nur Smuda weiß derzeit, wer möglicherweise am Samstag im siebten Himmel schwebt - oder in der Hölle schmort. Szczesny? Oder Tyton?

(sid)
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