Skandalspiel in der EM-Qualifikation Medien: Völliges Versagen der serbischen Sicherheitskräfte

Belgrad · Zahlreiche große serbische Medien haben beim Skandalspiel um die EM-Qualifikation zwischen Serbien und Albanien am Dienstag in Belgrad ein völliges Fehlverhalten der Sicherheitskräfte diagnostiziert.

"Fliegende Flagge" sorgt für Eklat beim Spiel Serbien gegen Albanien
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"Fliegende Flagge" sorgt für Eklat beim Spiel Serbien gegen Albanien

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Foto: dpa, ks mr

"Versagen von Polizei und Sicherheitsdiensten", überschrieb die Zeitung "Danas" am Donnerstag ihre Titelseite. Die größte Zeitung "Blic" kommentierte: "Was arbeiten unsere Agenten? Schlafen die? Für was erhalten diese Leute ihr Gehalt? Nach diesem Skandal wäre es normal, dass alle Chefs der Sicherheitsdienste sofort ihren Rücktritt einreichen oder dass der Regierungschef alle zusammen auswechselt".

Nach dem Skandal in der EM-Qualifikation von Belgrad hat der serbische Fußball-Verband (FAS) die Europäische Fußball-Union (Uefa) aufgefordert, das Qualifikationsspiel gegen Albanien zu seinen Gunsten zu werten. Man erwarte, dass die Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkammer der Uefa die Begegnung mit 3:0 für Serbien werte, teilte die FAS mit. Das EM-Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien war am Dienstagabend in der 41. Minute nach Tumulten zwischen Spielern und Zuschauern abgebrochen worden.

Auslöser der Tumulte war eine per Fernsteuerung ins Stadion gelenkte Drohne, an der eine Fahne mit einer Abbildung Großalbaniens befestigt war. Danach kam es zu den Ausschreitungen. Das Auftauchen des Flugobjekts sei eine von langer Hand geplante Aktion gewesen, erklärte die FAS. "Es war ein Akt des Terrorismus, der gegen die Interessen der Republik Serbien gerichtet war", hieß es in der Mitteilung.

Der albanische Fußballverband (FSHF) hat sich über schwere Tätlichkeiten gegen seine Nationalspieler bei der EM-Qualifikation am Dienstag in Belgrad beschwert. Schon bei der Anreise ins Stadion sei der Teambus von Serben mit Steinen beworfen worden, kritisierte der Verband am Donnerstag in Tirana. Die Spieler seien von den Zuschauern schon beim Aufwärmen "mit einem Hagel von Münzen und Feuerzeugen" empfangen worden.

Die serbischen Zuschauer hätten mit Slogans wie "Töte die Albaner" und "Tod den Albanern" für eine "extrem feindliche und aggressive Atmosphäre" gesorgt, heißt es in der Erklärung weiter. Vor dem Abspielen der Nationalhymne, die vor lauter Zuschauerprotesten nicht zu hören gewesen sei, sei ein "nationalistischer Marsch" intoniert worden. Schließlich seien die albanischen Spieler nicht nur von Zuschauern, sondern selbst von Sicherheitskräften und sogar von der Polizei angegriffen worden.

Die Uefa hat gegen beide Verbände bereits ein umfangreiches Disziplinarverfahren eröffnet. Als Verhandlungstermin vor der Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkammer wurde der 23. Oktober angesetzt. Der serbische Verband muss sich für das Abbrennen von Pyrotechnik im Stadion, die Zuschauerausschreitungen, den Platzsturm, die mangelhafte Organisation und das Benutzen von Laserpointer verantworten. Die Albaner werden für den Spielabbruch und das Zeigen eines verbotenen Banners verantwortlich gemacht.

Die Fahne mit der Großalbanien-Karte, die am Dienstag die Ausschreitungen und den Spielabbruch des EM-Qualifikationsspiels zwischen Serbien und Albanien in Belgrad ausgelöst hatte, ist im Besitz der UEFA. Das berichtete der Belgrader Polizeichef Miladin Despotovic der Zeitung "Blic". Ein albanischer Profi habe die Fahne vom Platz getragen und dem Spielbeobachter der Europäischen Fußball-Union (Uefa) übergeben, sagte der Polizeichef weiter.

Nach dem Drohnen-Vorfall in der EM-Qualifikation fordert Helmut Spahn, ehemaliger Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), eine stärkere Auseinandersetzung mit der neuen Gefahrenquelle. "Die Abwehr von Drohnen muss jetzt auf die Agenda", sagte Spahn dem Fachmagazin kicker.

Das habe er in seiner derzeitigen Funktion als Generaldirektor des International Centre for Sports Security (ICSS) in Katar bereits umgesetzt, verriet Spahn: "In unseren Konzepten sind Drohnenangriffe enthalten, da richtete sich der Blick bisher auf den Transport von biologischen Waffen in schwer zugängliche Bereiche, ein Szenario für Terroranschläge auf Großveranstaltungen wie eine Fußball-WM oder Olympische Spiele."

Ein Flugverbot über dem Stadion würde nicht helfen, glaubt der Sicherheitsexperte, da die Reichweite der Drohnen für den privaten Gebrauch eingeschränkt seien.

(dpa/sid)
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