Mehr Mannschaften, weniger Qualität? EM 2016 mit Logarithmentafel

Die EURO 2016 in Frankreich wirft ihre Schatten voraus. Die Aufstockung der Endrunde auf 24 Mannschaften sorgt nicht nur in Europa für Aufregung.

EM 2012: Die TV-Quoten
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Kanada ist nicht der Nabel der Fußballwelt. Doch selbst im fernen Nordamerika hat die Aufblähung der EM-Endrunde auf 24 Mannschaften ab 2016 in Frankreich für Empörung gesorgt. Niemand behaupte, dass die EURO 2012 "von der Qualität eines da Vinci war", schrieb die Zeitung Toronto Sun, aber die Spiele hätten immerhin durch ihre Ausgelichenheit überzeugt. Nun aber sei es "unglücklicherweise nicht aus dem Kopf zu kriegen, dass diese entsetzliche Vergrößerung das Turnier 2016 zerstört."

Michel Platini, Präsident der Europäischen Fußball-Union (Uefa), wird für derlei Kommentare wenig Verständnis haben. "Es ist kein Problem der Qualität. Wir können acht weitere Teams haben, die so gut wie der Rest sind", sagte das französische Fußball-Idol. Darüber hinaus hätten auch kleine Länder "künftig eine bessere Chance, an der EM teilzunehmen und dadurch die Hoffnung auf einen größeren Fortschritt", ergänzte Platini (57). Die Zahl der Spiele wird sich 2016 von 31 auf 51 erhöhen.

Die Meinung zur Qualität des Turniers hat Platini weitgehend exklusiv. Nachdem das Exekutivkomitee der Uefa die Aufstockung des Endturniers auf 24 Mannschaften im September 2008 beschlossen hatte, tritt in Frankreich beinahe die Hälfte der 53 Mitgliedsverbände der Uefa an.

Bei den sechs Vierergruppen dürften "Todesgruppen" mit Deutschland, den Niederlanden und Portugal wie 2012 aber kaum zustande kommen. Die Gruppen werden im Dezember 2015 nach Abschluss der Qualifikationsphase (August 2014 bis November 2015) ausgelost.

Nach aktuellem Stand ziehen bei der EURO 2016 neben den Erst- und Zweitplatzierten der Vorrundengruppen auch die vier besten Gruppendritten in das Achtelfinale ein. Um da noch den Überblick behalten zu können, brauche es eine Logarithmentafel, kritisierte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Und selbst die UEFA ist nicht ganz zufrieden. "Die Frage ist, wie man es anstellt, dass Ergebnisse nicht abgesprochen werden können und du nicht im voraus weißt, was du benötigst", sagte der Schweizer Generalsekretär Gianni Infantino (42).

Auch der Weg in die Endrunde, die in vier Jahren nach 1960 und 1984 zum dritten Mal in Frankreich ausgerichtet wird, steht im Fokus der Bedenkenträger. "Bisher mussten die Gruppen-Zweiten noch eine Play-off-Runde spielen, bei der EM 2016 sind sie automatisch dabei. Dadurch verliert die Qualifikation noch mehr an Spannung", sagte DFB-Manager Oliver Bierhoff (44). Auch Stuttgarts Sportdirektor Fredi Bobic (40) hält nichts von einer Aufstockung, er weiß aber auch: "Eine EM mit 24 Mannschaften lässt sich besser vermarkten."

Dafür laufen die Vorbereitungen im Land noch etwas holprig. Nancy hat wegen Kapitalmangels bereits Ende 2011 seinen Rückzug als Austragungsort verkündet. Auch Bordeaux, wo wie in Lille, Nizza und Lyon ein neues Stadion gebaut wird, hat finanzielle Nöte. Insgesamt soll in acht bis neun Arenen gespielt werden.

Beim Stade de France im Pariser Vorort St. Denis, dem vermutlichen Endspielort, stehen nur leichte bauliche Änderungen an. Die Gesamtkosten des Neubau- und Modernisierungskonzeptes sind mit rund 1,8 Milliarden Euro veranschlagt.

Geklärt sind bereits die TV-Rechte. ARD und ZDF übertragen die EURO auch 2016.

(sid)
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