Kolumne: Gegenpressing Der Weg zur Fußball-EM ist eine Farce

Der Qualifikationsrunde zum Turnier in Frankreich fehlt die Spannung, weil 2016 zu viele Mannschaften teilnehmen dürfen. Die Zerstückelung der Spieltage macht die Sache noch uninteressanter. Und Partien ohne die deutsche Elf finden im Fernsehen praktisch nicht statt.

Zlatan Ibrahimovic schlägt David Alaba mit dem Ellbogen
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Ellbogen-Schlag von Ibrahimovic gegen Alaba

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Bastian Schweinsteiger kann sich zurücklehnen - oder auch gemütlich durch New York schlendern. In der Nationalmannschaft wird der Capitano vorerst nicht gebraucht. Schweinsteiger erzählt hin und wieder, dass ihm Testspiele (für die das Publikum ein stattliches Eintrittsgeld zahlt) nicht wichtig sind. Auch deshalb - so steht zu vermuten - nimmt er sich vor diesen einst als Freundschaftsspiele bezeichneten Begegnungen gern mal ein Zipperlein, um nicht erst anreisen zu müssen.

Bis zur EM 2016 darf der Herr Weltmeister getrost daheim bleiben. Denn viel mehr als Freundschaftsspiel-Charakter haben die Partien in der Qualifikation zum Turnier in Frankreich nicht. Man muss sich schon arg anstrengen, um die Zulassung zu verpassen. Denn neben den Ersten und Zweiten jeder Gruppe qualifiziert sich sogar die Mehrzahl der Drittplatzierten.

Es ist noch nicht lange her, da galt eine EM als sportlich wertvoller als eine WM. Denn bei der Europameisterschaft gab es praktisch keine Exoten. Bis 1992 waren nur acht Teams am Start. Künftig sind es 24, also ungefähr jeder zweite Mitgliedsverband der Uefa. Präsident Michel Platini wollte den kleinen Nationen des Fußballs etwas Gutes tun und hat das Feld entsprechend aufgebläht. Damit hat er sich nebenbei viele Freunde gemacht, die ihm bei Wahlen die Stimme geben. Gut abgeguckt beim Kollegen Sepp Blatter, der sich mit dieser simplen Strategie seit 16 Jahren an der Spitze der Fifa hält! So geht Sportpolitik.

Noch mehr des Schlechten. Die Uefa streckt die Spieltage jetzt über eine ganze Woche: von Donnerstag bis Dienstag. Nur der Mittwoch, einstmals klassischer Länderspieltag, bleibt frei. Der Verband wollte so noch mehr Fernsehpräsenz und Vermarktungsmöglichkeiten schaffen. Doch diese Stückelung erweist sich als Farce. An Tagen, an denen Deutschland nicht spielt, gelangt kein "Qualifier" auf den Schirm. RTL besaß zwar auch die Übertragungsrechte für die Spiele ohne deutsche Beteiligung, wegen des zu erwartenden geringen Interesses fanden die Begegnungen aber (außer am Sonntag) bestenfalls in den Nachrichtensendungen statt.

Die Sparten- und Bezahlsender hatten wegen der komplizierten Rechtelage keine Möglichkeit, die internationalen Partien zu präsentieren. Sport 1 zeigte Aachen gegen Lotte statt Schweiz gegen England oder Ibrahimovic gegen Alaba. Muss man nicht verstehen. Vielleicht sollten wir dankbar sein, dass uns die Fernsehleute noch einmal vor einem Übermaß an Fußball bewahrt haben. Die nächsten Wochen werden heftig. Champions League, Europa League, Bundesliga, DFB-Pokal, Länderspiele - bis Weihnachten gibt's kaum noch einen fußballfreien Tag. Und der Aus-Knopf der Fernbedienung ist ja sooo schwer zu finden.

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(RP)
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