Ernüchterndes 0:2 gegen Italien Belgien jetzt doch wieder Geheimfavorit

Lyon · Belgien enttäuscht gegen Italien auf ganzer Linie. Beim 0:2 gegen Italien spiegelt Kevin De Bruynes Auftritt das Phlegma der hochtalentierten "Roten Teufel" wider. Nationaltrainer Marc Wilmots lässt aber Gnade walten.

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Lukaku vergibt frei vor Buffon

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Foto: dpa, sam

Deutschland, Frankreich, Spanien — dieses Trio hat Marc Wilmots vor dem Turnier genannt, als er nach seinen EM-Favoriten gefragt wurde. Seine eigene Mannschaft sah er eher in der zweiten Reihe, gemeinsam mit den Italienern, gegen die es am Montagabend eine ernüchternde 0:2-Niederlage setzte. Angesichts von 24 Teilnehmer ist das in der imaginären Setzliste allerdings immer noch ein Wort.

Ob nun erste oder zweite Reihe, die beiden Vorsilben "Geheim-" schien Favorit Belgien, die Nummer zwei der Fifa-Weltrangliste, seit der WM 2014, die immerhin den Viertelfinal-Einzug brachte, abgelegt zu haben. Der Liebling der Fußball-Hipster hatte souverän die Qualifikation gemeistert und überzeugende Testspiel-Siege eingefahren, unter anderem ein 3:1 gegen Italien im vergangenen November. Nach dem überraschend konzeptlosen und phlegmatischen Auftritt am Montag darf indes konstatiert werden: Jetzt ist Belgien wirklich wieder ein Geheimfavorit. Und nicht nur die Hipster äußern erste Zweifel an der Wettkampfhärte der "Roten Teufel".

Bis dahin hatte sich die namhafte Riege mehr oder minder angemessen aus der Affäre gezogen, auch wenn die Spanier und Franzosen erst spät zum Sieg trafen und die Engländer diesen sogar in der Nachspielzeit verspielten. Das zehnte Spiel der EM brachte in Lyon zwei Top-Teams zusammen, so dass die Wahrscheinlichkeit groß war, dass der erste Favorit sich echte Blöße geben würde. Wahrhaftig wurde die unwahrscheinlichere der beiden Varianten. Die älteste Elf der Turniergeschichte schlug Belgiens "Goldene Generation".

Als einer der goldigsten Vertreter gilt gemeinhin Kevin de Bruyne, der bei Manchester City in seiner ersten Saison tolle Zahlen erreichte, obwohl er lange verletzt fehlte. In der Pracht-Offensive mit Romelu Lukaku, Eden Hazard und Marouane Fellaini wirkte De Bruyne, immerhin das konnte man ihm und seinen Kollegen nicht absprechen, stets bemüht. Die französische "L'Équipe" watschte den 74-Millionen-Euro-Mann mit einer Zwei ab — im System der Sportzeitung ist eine Zehn die Bestnote.

"Ist er müde nach einer langen Saison? Vielleicht ist das so. Aber Kevin hat schon so viel für das Nationalteam getan, ich werde ihn jetzt nicht hinrichten", sagte Trainer Wilmots nach der unerwarteten Pleite. Wilmots hat das Erreichen des Achtelfinals trotz der Niederlage und der schwachen Vorstellung seiner Mannschaft immer noch fest im Visier: "Es ist noch nichts verloren. Wir können noch die nötigen Punkte holen."

Gegen Schweden und Irland genießt Belgien den Vorteil, sich lediglich mit nicht abgerufenem Potenzial auseinandersetzen zu müssen, während die beiden anderen Gruppengegner im direkten Duell zeigten, dass sich ein kompletter Mangel an Potenzial als problematisch erweisen könnte.

(jaso/sid)
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