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EM-Tagebuch Abschiedsschmerz und Freudentränen

Streikende legen den Flugbetrieb lahm. Flexibel reagieren die Betroffenen. Die Bahn wittert ihr Geschäft und verkauft weitaus mehr Tickets als Plätze im Zug sind. Eng ist gemütlich - bisweilen.

 Unter anderem sind Flüge von den Streiks betroffen.

Unter anderem sind Flüge von den Streiks betroffen.

Foto: dpa, cpt sh

Frankreich streikt. Die Franzosen kennen das. Sie zucken voller basisdemokratischer Gesinnung mit den Schultern. Man kann es ja nicht ändern, wenn die Müllabfuhr ein bisschen später kommt oder gar nicht, wenn der Zug Verspätung hat oder die Tankstelle kein Benzin. Am Ende kann es immer einem höheren Zweck dienen. Wer weiß das heute schon genau.

Ich nehme mir ein Beispiel, und meine Kollegen tun das auch. Die Nachricht, dass der Pilotenstreik bei Air France erstens dazu führt, dass Flüge ausfalle und zweitens, dass unser Flug zum ersten Spiel von La Mannschaft dabei ist, nehme ich wie ein echter Profi. Ich fokussiere alles auf meine Kernaufgabe. Jogi Löw wäre stolz auf mich. Für Verkehrsmittel sind andere zuständig. Die finden dann auch schnell heraus, dass Frankreich auf dem Gebiet der Hochgeschwindigkeitszüge wirklich was zu bieten hat. Und sie setzen uns in Lyon in den TGV nach Lille. Bis Lyon sind wir aus unserem beschaulichen Evian-les-Bains gemütlich drei Stündchen mit dem Bus getuckert. Besser als mit dem Vorort-Bähnchen, das mit ein paar mir näher bekannten armen Kerlen nach ermutigendem Auftakt in den ersten 40 Kilometern einen grotesken Leistungseinbruch erlebt und für einige Stunden stehen bleibt.

 Robert Peters berichtet aus Frankreich von der EM.

Robert Peters berichtet aus Frankreich von der EM.

Foto: Phil Ninh

Ich habe viel mehr Glück. Mein Zug ist fast pünktlich, und das ist ein Ereignis für Menschen wie mich, die das Zugfahren in Deutschland gelernt haben. Auf dem Bahnsteig feiern wir die französische Bundesbahn, die hier anders heißt, aber das macht ja nichts. Ich preise das Land dafür, dass nur Passagiere mit Platzkarten Aufnahme finden und dass der Waggon mit den reservierten Plätzen genau da hält, wo es die Wagenstandanzeige (tolles Wort) versprochen hat. Ich bin längst ein glühender Fan von Streiks und ihren Folgen.

Dann rollt der TGV ein. Am Eingang zu meinem Wagen ist's ein bisschen drängelig. Aber das ist ja nicht weiter schlimm. Bemerkenswerter ist schon, dass mein Platz zwar reserviert, aber ausnahmsweise nicht dabei ist. Genauer: Um ihn einzunehmen, müsste ich aufs Dach klettern und mit mir ein paar hundert Passagiere. Die Bahn hat nämlich tüchtig Karten verkauft, doch dann nur den halben Zug geschickt, die vorgesehene zweite Etage gibt es nicht. Wahrscheinlich weggestreikt.

Aber auch das ist nicht schlimm. Denn so kommt man sich näher. Die Franzosen erweisen sich als vorzügliche Gastgeber. Sie rücken zusammen, aus zwei Plätzen werden drei, zuvor fremde Menschen schließen zumindest drei Stunden lang tiefe Freundschaften, und sie erzählen sich mit Händen und Füßen die neuesten Streikgeschichten.

Ich logiere von Lyon bis hinter Paris auf der Gepäckablage zwischen zwei Sitzgruppen und freunde mich mit einer französischen Familie an. Ich bekomme Chips angeboten, und die jüngere von zwei Töchtern zeigt mir etwas auf dem Laptop, das ich zwar nicht verstehe, aber mit begeistertem Nicken begrüße, bis mir der Hals vor lauter Nicken schmerzt.

Das lenkt ein bisschen davon ab, dass der Sitzkomfort auf drei zehn Zentimeter breiten Metallstreben mit der Zeit seinen Abdruck hinterlässt - beileibe nicht (nur) auf der Seele. Aber auch das geht vorbei. Als die Familie aussteigt, haben wir alle Tränen in den Augen. Die Familie (vor allem die jüngere Tochter) aus Abschiedsschmerz. Ich aus Freude, denn nun sinke ich ins tiefe Polster. Bis Lille in den berüchtigten Norden fährt außer uns offenbar niemand. Nicht mal auf dem Dach. Doch das ist eine andere Geschichte, die meisten Deutschen kennen sie aus dem Kino von den "Sch'tis". Davon demnächst mehr.

(RP)
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