Finanzschwache Fußballvereine Zum Schnäppchenpreis ins Trainingslager nach Belek

Belek · Finanzstarke Klubs zieht es zur Vorbereitung nach Spanien, etwas klammere Vereine freuen sich über billige Angebote in der krisengeschüttelten Türkei. Drei Zweitligisten und sieben Drittligisten bereiten sich derzeit in Belek auf die Rückrunde vor.

Trainingslager des KFC Uerdingen in der Türkei: So residiert der KFC in Belek
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So residiert der KFC im Trainingslager

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Foto: Thomas Schulze

Der Himmel ist wolkenverhangen, es regnet in Strömen bei sechs Grad. Es ist usselig, weshalb der eine oder andere angeschlagene Spieler nicht mit raus auf den Trainingsplatz geht. Trotzdem ist Stefan Krämer, der Trainer des KFC Uerdingen, hochzufrieden. „Ja, auch in der Türkei gibt es solche Tage“, sagt er. „Aber der Unterschied zu Deutschland ist, dass die Rasenplätze in einem exzellenten Zustand sind und wir optimale Arbeitsbedingungen vorfinden.“

Mit dieser Meinung steht Krämer nicht alleine da. Mehrere hundert Fußballmannschaften kommen alljährlich im Winter nach Belek, aus Deutschland sind es in diesem Jahr die Zweitligisten Aue, Fürth und Sandhausen, sieben Drittligisten, aber auch viele unterklassige Mannschaften wie der Kreisligist TSV Bruckhausen aus Duisburg. Derweil logieren die Bundesligisten und finanzkräftigeren Zweitligisten wie Hamburg und Köln in Spanien.

Die Erfahrung des Urlaubers bei seiner Planung machen auch die Fußballvereine: Die Türkei ist im Vergleich kostengünstiger. Ein zehntägiges Trainingslager in Belek auf höchstem Niveau kostet rund 85.000 Euro – all inclusive. Dazu zählt auch die Nutzung der Trainingsplätze, die Auswahl von Testspielen auf adäquat hohem Niveau. „Das ist ein  Unterschied zu Spanien; ein anderer ist, dass die Wege zu den Plätzen kürzer sind“, sagt Tevfik Yakin von Kesit Travel, dem türkischen Partner der in Hamburg ansässigen Agentur onside sports, die Profi-Clubs ein Rund-um-Sorglos Paket im Segment Freundschaftsspiele & Trainingslager anbietet.

Aber es ist nicht nur der finanzielle Vorteil gegenüber Spanien – die Woche ist auch schon für 25.000 Euro zu haben zum Beispiel ohne exklusive Nutzung des Trainingsplatzes, der die Region Belek für viele so attraktiv macht. Vereine aus aller Welt nutzen die über 200 Rasenplätze, vor allem aus Europa von Holland bis Weißrussland, aber auch aus Japan und Südkorea, wobei Mannschaften aus Osteuropa oft mehrere Wochen bleiben. „Eine solche Konzentration gibt es nirgendwo sonst“, sagt Yakin. „Und das ist das Interessante: Hier werden Spieler gesichtet, gekauft und verkauft.“ Entsprechend tummeln sich bei jedem Spiel mehrere Dutzend Trainer und Scouts auf den Tribünen.

Für die Region Belek ist das ein gigantisches Geschäft, wobei das Jahr klar strukturiert ist. Von Januar bis März – die Schweizer und Skandinavier beginnen schließlich später - strömen die Fußballvereine hierher, im April und Mai die Golfer, dann die Urlauber bis September und im Spätherbst nochmals die Golfer.

Zwei politisch bedingte Einbrüche verzeichnete die Branche. Nach dem Zwist zwischen dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel blieben die deutschen Teams fern, nach dem Flugzeugabschuss und dem Ärger zwischen Putin und Erdogan die russischen. Doch nachdem sich die politische Wortwahl wieder entspannt hat, sind die russischen Touristen zurückgekehrt, und auch die Deutschen kommen wieder. „Bremen ist mit der zweiten Mannschaft hier. Das ist ein Test“, sagt Yakin und hofft, dass auch die Bundesligisten aus Mönchengladbach und Köln bald wieder nach Belek kommen.

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