Ob Golfplatz, Fußballrasen oder die Grünflächen vor dem Buckingham Palace – wir stellen Ihnen die teuersten und anspruchsvollsten Rasenflächen der Welt mit einer Einschätzung von Rasenexperte Gerhard Lung vor.

Die eigens für die Fußballweltmeisterschaft 2022 gebauten Fußballstadien im Wüstenstaat Katar verfügen über die modernste Rasenpflege der Welt. Bei Temperaturen von bis zu 45 Grad Celsius kommt selbst der Hightech-Rasen aus der Welt des Fußballs an seine Grenzen.

Gerhard Lung: „Grundsätzlich herrschen in allen Fußballstadien bedingt durch ihre geschlossene Bauweise meist schlechte Bedingungen für den Rasen. In der Regel staut sich die Hitze über der Grasnarbe und erreicht dort in der warmen Jahreszeit selbst in unseren Breitengraden schnell 50 Grad Celsius und mehr. Viel zu heiß für jeden Rasen, besonders dann, wenn er noch belastbar sein soll. Um den Rasen zu kühlen, wird in Katar auf technische Belüftungs- und Kühlungssysteme gesetzt, die der Luft beim Zirkulieren helfen. In Deutschland ist die Kühlungsberegnung („Syringing“) weit verbreitet. Dabei lässt man feinen Sprühnebel verdunsten, der den Rasen kühlt. Den gleichen Effekt kann man zuhause auch gut mit dem Rasensprenger erreichen.“

Lung: „Die Beanspruchung des Rasens auf dem Tenniscourt ist stärker als beim Fußball, da die Spieler immer wieder dieselben Stellen abtreten. Der Rasen ist robust, denn er bekommt vor dem Turnier viel Erholung. Trotzdem wird über den Einbau eines Hybrid-Rasens nachgedacht, eine Kombination als Natur- und Kunstrasen. Außerdem muss in England für ein gutes Entwässerungssystems gesorgt sein, da es ein niederschlagreiches Land ist. Sowohl bei Dauerregen als auch bei sturzflutartigen Regenfällen muss das Wasser verlässlich von der Oberfläche abgeleitet werden, da der Platz sonst unbespielbar ist.“

Lung: „In den Dubai Miracle Gardens stehen vielmehr die 150 Millionen verpflanzten Blumen im Vordergrund. Doch ohne Zierrasenflächen kämen die Blumen nicht zur Geltung. Auf einer Fläche von 72.000 Quadratmetern sind weite Teile des Gartens auch mit Rasen bepflanzt. Rasen wie Blumen müssen in der sengenden Hitze der Stadt nicht nur ausreichend und ständig bewässert werden, sie müssen auch vor Verbrennung geschützt werden. Hier kommt wieder das ‚Syringing‘ zum Einsatz. Im heimischen Garten reicht an heißen Tagen oft schon eine große Gießkanne über besonders stark der Sonne ausgesetzten Rasenstellen ohne Schatten.“

Der La Paz Golf Club in Peru ist mit 3.342 Höhenmetern der höchstgelegene Golfplatz der Welt. Die Luft dort ist so dünn, dass Golfbälle deutlich weiter fliegen als normal.

Lung: „Das Flachland Perus ist eigentlich sehr heiß und trocken, aber in dieser Höhe ändern sich die Bedingungen. Der Rasen ist auf mehr als 3.342 Höhenmetern deutlich weniger Hitze ausgesetzt und erhält anders als im Flachland ausreichend Niederschlag. Die Golfsaison ist durch die Höhenlage natürlich auch kürzer, da die winterlichen Temperaturen länger anhalten. Weltweit sind vor allem zwei Rasensorten im Einsatz: Warm and Cold Season Gras. Sie sind an die unterschiedlichen klimatischen Verhältnisse angepasst. Für Rasenflächen über dem 42. Breitengrad wird zumeist Cold Season Saat genutzt, für südlich des 42. Breitengrad wird Warm Season Gras gesät.“

Der Palastgarten der Queen wird von den britischen Royals seit über 200 Jahren für offizielle Empfänge und Feierlichkeiten genutzt. Die Grünflächen gehören zu den exklusivsten Rasenflächen der Welt, denn einen Blick auf den englischen Rasen seiner Majestät gibt es nur nach Einladung von Queen Elizabeth II.

Lung: „Um Grünflächen in Parks zu erhalten, benötigen sie viel Pflege. Im Vergleich zu anderen königlichen Parks kommt dem Rasen im Palastgarten zugute, dass der Öffentlichkeit der Zugang verwehrt ist. Die milden Temperaturen, viel englischer Regen, wenig Beanspruchung und ein starkes Gärtnerteam sind die besten Voraussetzungen für sattgrünen Rasen im Garten.“

Mit 65 Metern unter dem Meeresspiegel ist der Furnace Creek Golf Course der am tiefsten gelegenen Golfplatz der Welt. Noch dazu befindet er sich im Death Valley, einer der heißesten Regionen der Welt.

Lung: „Für die Pflege der Golfplätze müssen pro Jahr zwischen 350.000 und 450.000 Euro (18 Loch) berücksichtigt werden, teils sogar noch mehr. In diesen Kosten sind Personal, Saatgut und Pflegemittel sowie Dünger enthalten. Der Pflegeaufwand hängt vom Design des Platzes ab. Der Untergrund besteht aus einer speziell aufgebauten Rasentragschicht, die sowohl das Beregnungswasser als auch den Dünger speichern kann. Das ist dort besonders angebracht, da Wasser im Death Valley kostbar ist und Golfrasen aufgrund der speziellen Anforderungen einen hohen Nährstoffbedarf hat. Sandboden, wie er dort natürlich vorkommt, hat diese Speicherkapazität nicht, Wasser und Nährstoffe rauschen schnell und weitgehend ungenutzt in tiefere Bodenschichten durch.“

Der Rasen in der Allianz Arena in München wird vor dem Beginn jeder Saison ausgetauscht. Ein Stück Rollrasen ist 14,5 Meter lang, 1,20 Meter breit und wiegt etwa 800 Kilogramm. Die darunterliegenden Leitungen der Rasenheizung, die vor allem im Winter und bei Frost im Einsatz ist, haben eine Länge von 27 Kilometern.

Nachdem das Spielfeld des Wembley Stadions nach der Wiedereröffnung 2007 nach jeder Partie praktisch ruiniert war und Greenkeeper den kompletten Rasen innerhalb von drei Jahren zehnmal neu verlegen mussten, erhielt das legendäre englische Fußballstadion im Jahr 2010 eine Art künstlichen Naturrasen für 300.000 Euro.

Lung: „Der Boden auf dem im Wembley Stadion gespielt wird, hat nicht mehr viel mit Rasen im herkömmlichen Sinn zu tun. Es handelt sich um ein künstliches System mit dem namen “Desso Grasmaster”. Auf der gesamten Spielfeldfläche sind etwa alle zwei Zentimeter Grashalme aus Kunststoff eingearbeitet hat. Die künstliche Halme helfen den natürlichen Halmen in der Stabilität. Der Rasen in Wembley bleibt dennoch extrem pflegebedürftig – pflegebedürftiger als Naturrasen. Die Kunstrasenhalme müssen regelmäßig aufwendig wieder aufgerichtet werden.“