Nach dem Keller-Rückzug Die DFB-Verantwortlichen in der Einzelkritik
Fritz Keller
Angetreten, um im DFB für mehr Transparenz, Kommunikation und Miteinander zu sorgen, um zwischen Profis und Amateuren zu vermitteln. Gelungen ist ihm das nicht. Nach zwei Jahren ist er als Präsident an Machtkämpfen und eigenen Verfehlungen gescheitert. In den Diskussionen um Bundestrainer Joachim Löw wurden Interna aus den Gesprächen bekannt, eine klare Haltung gegenüber Löw war auch nicht zu erkennen. Die Außenwirkung des DFB war in der Causa Löw und im aktuellen Streit mit Rainer Koch miserabel. Doch Keller trägt nicht die alleinige Schuld daran. Am Machtkampf sind viele Partien beteiligt.
Dennoch fällt das Fazit seiner Präsidentschaft mangelhaft aus.
Note: 5
Rainer Koch
Seit 2004 mischt er auf höchster DFB-Ebene mit, nachdem er damals zum Vorsitzenden des Bayerischen Fußball-Verbandes gewählt wurde. Seit 2007 sitzt er zudem im Präsidium und ist dadurch an den meisten wichtigen Entscheidungen der vergangenen Jahre beteiligt gewesen - was kein gutes Licht auf ihn wirft. Er soll so zum Beispiel gefordert haben, Ermittler in die Ultraszenen der Vereine einzuschleusen, um dem „Fanproblem“ Herr zu werden. Koch wird von vielen als „Kern der Probleme“ des DFB genannt. Zuletzt sorgte sein Auftritt im ZDF-Sportstudio für Aufsehen, weil er kaum zu Vorwürfen Stellung beziehen konnte und wollte. Beim letzten Bundestag soll er sich zudem selbst entlastet haben. Nun macht er erneut interimsweise als DFB-Präsident weiter, bevor er sich danach angeblich zurückziehen will - ohne auf seinen Uefa-Posten verzichten zu wollen. Koch steht für genau die Probleme, die der DFB seit Jahren hat.
Note: 6
Friedrich Curtius
Der DFB-Generalsekretär ist die höchste hauptamtliche Position im Deutschen Fußball-Bund. Der 44-jährige Curtius ist seit Monaten der Dauerrivale von Keller. Seine Rivalität zu Keller versuchte er erst gar nicht vor der Öffentlichkeit zu verstecken. Egal, was Keller auf die Agenda setzte, Curtius war dagegen. Ein Machtkampf entbrannte, weil sich Rainer Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge auf die Seite des Generalsekretärs schlugen. Das Schauspiel war unwürdig für einen Verband wie den DFB.
Und dann gab es da noch die Affäre um einen gekauften Wikipedia-Eintrag auf DFB-Kosten zu seiner Person.
Curtius Machtspiele und sein Auftreten disqualifizieren ihn für Aufgaben beim DFB.
Note: 5-
Peter Peters
Der frühere Schalker Finanzvorstand und aktuelle DFB-Vizepräsident hielt sich im Machtkampf der Führungsriege zurück, schlug sich zumindest öffentlich auch keine der Seiten. Mahnte aber zu einem bessern Miteinander. Er vertritt als DFL-Vertreter die Gegenpositionen zu Koch, trägt die Konflikte aber nicht öffentlich aus. Natürlich ist nicht ausgeschlossen, dass er seinen Kollegen auch Briefe mit Kritik schickt, auf irgendwelchen Wegen muss ja auch über Probleme kommuniziert werden. Die Nachrichten hat er dann aber immerhin im Gegensatz zu Koch oder DFL-Chef Seifert nicht an die Medien durchgestochen.
Seine Zurückhaltung ist aktuell sein großes Plus.
Note: 2
Stephan Osnabrügge
Osnabrügge ist seit 2016 Schatzmeister beim DFB. Im DFB-Machtkampf gehört er zur Seite Koch/Curtius. Auch er machte im öffentlich ausgetragenen Konflikt keine gute Figur und nutzte die Chance, zwischen beiden Seiten zu vermitteln, nicht.
Außerdem wird er für den Streit um einen zweifelhaften Vertrag mit einem Kommunikationsberater verantwortlich gemacht. An diesem Punkt eskalierte der Konflikt zwischen der Seite Keller und der Seite Koch/Curtius endgültig.
Auch er wurde von den Landesverbänden für sein Verhalten kritisiert, auch wenn sie ihm am Ende das Vertrauen aussprachen. Der 50-Jährige wird sich beim nächsten DFB-Bundestag nicht mehr zur Wahl stellen.
In der Corona-Krise hat er hingegen keine so schlechte Arbeit gemacht. Er hat versucht, die Kosten zu senken und bei der Politik mehr Hilfen für die Amateurvereine gefordert.
Note: 4
Christian Seifert
Als Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutsche Fußball-Liga ist er auch Präsidiumsmitglied des DFB und einer der Vizepräsidenten. Seifert vertritt die Interessen der Profivereine und das deutlich. Zuletzt sparte er nicht mit Kritik an der DFB-Führung. Öffentlich wurde ein Briefwechsel mit Vizepräsident Koch, in dem beide dem anderen vorwerfen, Gerüchte in die Welt zu setzen. Seifert fordert schon länger einen deutlicheren Neuanfang beim DFB. Er selbst hat nichts zu verlieren, da er ohnehin schon im Oktober 2020 mitgeteilt hat, seinen Vertrag mit der DFL 2022 nicht zu verlängern.
Aus Sicht der Profivereine ist ihm anzurechnen, dass er maßgeblich dafür gesorgt hat, dass die Liga spielen durfte und darf, die Verluste gering blieben. Aus Sicht der Amateure zeigen die Profis aber zu wenig Solidarität.
Note: 2-
Peter Frymuth
Der frühere Vorstandsvorsitzende von Fortuna Düsseldorf ist Präsident des Westdeutschen Fußballverbandes. Als dieser ist er einer der Vizepräsidenten des DFB. Frymuth kennt die Machtspiele im Verband. Er ist oft der Strippenzieher im Hintergrund, der zwischen den Parteien vermittelt und die Landesverbände auf dem Laufenden hält. So war es auch diesmal. Der 64-Jährige gehörte zu den drei Vizepräsidenten, die Gespräche mit Curtius und Keller führten, um herauszufinden, was zum Zerwürfnis geführt hat, wer Schuld an dem Streit trägt und was überhaupt die Gründe sind. Ihre Analyse der Situation sollte den Landesverbänden helfen, einzuschätzen, wer in der DFB-Führung wie agiert. Den Streit klären konnten Frymuth und Kollegen am Ende nicht mehr.
Note: 2
Oliver Leki
Der Finanzvorstand vom SC Freiburg kennt Fritz Keller aus gemeinsamen Zeiten im Verein gut und gilt als einer seiner Unterstützer. Leki ist zudem Mitglied des DFL-Präsidiums und stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der DFL. Gleichzeitig ist der im DFB-Präsidium.
Im DFB-Machtkampf positionierte er sich in seiner DFL-Funktion gemeinsam mit Seifert und Schwenken gegen Curtius. Mit öffentlicher Fürsprache für seinen früheren Weggefährten Keller hielt er sich aber zurück.
Note: 2-
Ansgar Schwenken
Schwenken ist bei der Deutschen Fußball-Liga für den Bereich Fußballangelegenheiten und Fans zuständig. Er ist Mitglied der DFL-Geschäftsleitung und des -Präsidiums. Außerdem sitzt er im DFB-Präsidium und vertritt dort die Belange der Fußballprofis. Wie Seifert kritisierte er vor allem das Verhalten von Friedrich Curtius und gehörte zu den Unterschreibern eines DFL-Briefes, in dem man Keller gebeten haben soll, Curtius nicht mehr als DFB-Vertreter zu DFL-Sitzungen zu schicken. Die Haltung der DFL-Chefs war sehr deutlich.
Der 51-Jährige ist in der Corona-Pandemie zudem maßgeblich an der Gestaltung und Umsetzung des Hygienekonzepts der Liga beteiligt. Auch, wenn der Ligabetrieb laufen durfte, gab es immer wieder Kritik am Umgang der Vereine und der DFL mit den Vorgaben und mit Verstößen.
Note: 2-
Oliver Bierhoff
Der DFB-Direktor hielt sich im Streit zwischen Keller, Koch und Curtius zurück. Als es im November 2020 nach der 0:6-Niederlage des DFB-Teams gegen Spanien um die Zukunft von Bundestrainer Löw ging, stand Bierhoff klar auf Löws Seite. Keller soll Löw einen Rücktritt nahegelegt haben und hätte wohl gerne schon früher einen neuen Trainer gesucht.
Öffentlich traten Bierhoff und Keller aber als Einheit auf. Ohnehin konzentrierte sich der DFB-Direktor auf die Nationalmannschaft und die EM-Mission. Im März sagte er zum Streit beim DFB lediglich: „Dass die Außendarstellung in den letzten Wochen und Monaten nicht positiv ist, wissen wir auch.“
Allerdings kamen auch die Außendarstellung des Bundestrainers und des Teams in den vergangenen Wochen nicht gut bei den Fans an. Das hat auch Bierhoff zu verantworten.
Note: 3
Joachim Löw
Seit 2006 ist er der Bundestrainer und hat die Mannschaft zum Weltmeistertitel 2014 geführt. Er war also lange der Macher des Erfolgs, verpasste es dann aber, den Umbruch im Team rechtzeitig und seriös einzuleiten. Das Vorrunden-Aus bei der WM 2018, das Drama um Mesut Özil und das Hick-Hack um Jerome Boateng, Mats Hummels und Thomas Müller beschädigten seine Position im Verband nachhaltig. Dennoch sollte er eigentlich bis zur WM 2022 in Katar weitermachen. Nun geht er - zumindest zum Teil - aus freien Stücken bereits nach der EM. Es wird also das letzte große Turnier für den langjährigen Erfolgstrainer. Doch mit seiner Art kam er ohnehin nicht immer gut an. Viele Tränen werden ihm wohl nicht nachgeweint.
Trotzdem fällt sein Fazit durchaus positiv aus - der Weltmeistertitel überstrahlt eben doch viele Probleme.
Note: 2-