Nach Pokal-Duell zwischen Bochum und dem BVB Stieler steht nach Elfmeter-Entscheidung wieder einmal in der Kritik

Bochum · Das Duell im DFB-Pokal zwischen dem VfL Bochum und Borussia Dortmund war ein echter Pokalfight mit vielen Geschichten. Doch wieder einmal bestimmt eine Schiedsrichter-Entscheidung die Diskussion.

 Tobias Stieler schaute sich eine vermeintliche Elfmeter-Situation minutenlang an.

Tobias Stieler schaute sich eine vermeintliche Elfmeter-Situation minutenlang an.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Da stand er also, alle Blicke auf ihn gerichtet, mit dem Rücken zum Spielfeld. Minutenlang schaute sich der Schiedsrichter Tobias Stieler die Bilder einer vermeintlichen Elfmeter-Situation im Achtelfinale des DFB-Pokals zwischen dem VfL Bochum und Borussia Dortmund auf einem Monitor in Höhe der Mittellinie an. Die Fans im Ruhrstadion, die um der Pressetribüne herum saßen, witzelten schon, dass der Unparteiische noch ein paar Minuten einer Serie zu Ende gucken müsse. Erst Minuten später fällte Stieler sein Urteil, beziehungsweise bestätigte seine Entscheidung auf einen Elfmeter für die Hausherren. Norbert Dickel, die BVB-Legende, der das Spiel live im Stadion für den vereinseigenen Radiosender begleitete, tobte, die Anhänger im Gästeblock ebenfalls – und auch sonst konnte kaum jemand wirklich nachvollziehen, wie es zu dieser Entscheidungsfindung kam. Schlussendlich stand Kevin Stöger am Punkt und traf zum zwischenzeitlichen Ausgleich für den VfL in einer Partie, die der BVB schlussendlich mit 2:1 gewinnen sollte.

Nach dem Spiel gab es viel Gesprächsbedarf. Darüber, dass Borussia Dortmund in diesen Wochen auch schwierige Spiele gewinnt und wieder von Titeln träumt. Darüber, dass der VfL Bochum nach fünf Siegen unter Trainer Thomas Letsch im heimischen Stadion auch den BVB mächtig unter Druck setzen konnte. Darüber, dass Bochum doch bitteschön am Samstag in München beim FC Bayern gewinnen solle, damit endlich die nervigen Auswärtsniederlagen enden und der BVB seinen Rückstand im Meisterrennen verringern kann. Aber schlussendlich kam immer wieder das Gespräch auf die Elfmetersituation, in der Stieler wieder einmal keine gute Figur machte. Wie so häufig in den vergangenen Jahren.

Was geschehen war: Bochums Kapitän Anthony Losilla versuchte eine Flanke in den Dortmunder Strafraum zu schlagen, traf aber Jamie Bynoe-Gittens aus kurzer Distanz am Arm. Gleich zwei Dinge waren unklar: war es ein Handspiel – und falls ja, war es auch im Strafraum? „Jamie dreht sich weg, am Ende ist der linke Arm angelegt und für mich somit kein strafwürdiges Vergehen“, sagte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl nach dem Spiel. „Wir konnten es uns auf der Bank lange anschauen und sehen, dass der Schiedsrichter lange mit der Entscheidung gerungen hat. Das zeigt, dass die Situation mehr als diskussionswürdig war“, sagte Bochums Stöger.

Schiedsrichter Tobias Stieler sah das anders, zeigte schon im Spiel direkt auf den Punkt und änderte seine Meinung auch nach vier Minuten Videostudium nicht. „Es war ein strammer Schuss, der Dortmunder Spieler dreht sich weg, der Arm war leicht abgewinkelt und nicht ganz eng am Körper“, erklärte der Stieler bei Sport1. „Für mich hat das ausgereicht, um auf Strafstoß zu entscheiden.“ Beim Videobeweis sei es dann ohnehin nicht um das vermeintliche Handspiel an sich gegangen, sondern darum, ob es im Strafraum stattfand. Das konnte laut Stieler nicht zweifelsfrei geklärt werden, weshalb er bei seiner Entscheidung bliebt, aber einräumte, dass Videoschiedsrichter Tobias Welz „Bauchschmerzen mit der Entscheidung“ gehabt habe. „Es ist natürlich ganz klar: Das ist nicht die Mutter aller Handelfmeter.“

Noch fragwürdiger wurde die Entscheidung, als man sich die Szene vorher noch einmal genau anguckte. Bynoe-Gittens wurde unmittelbar vor Entstehung der Handsituation von Bochums Saidy Janko geschubst. „Was mich am meisten stört, ist, dass es ein klares Foul an Bynoe-Gittens gibt, bevor es überhaupt zu dieser Szene kommt“, ärgerte sich BVB-Trainer Edin Terzic. „Da steht der Schiedsrichter einen Meter daneben und hat klare Sicht.“ Das konnte auch der ehemalige Schiedsrichter Manuel Gräfe nicht nachvollziehen. „Strafstoß nicht korrekt, auch wenn VfL den Ausgleich verdient gehabt hätte: Klares Foul zuvor, da Stoß in den Rücken mit beiden Händen“, schrieb er bei Twitter. „Ob im Strafraum fraglich: vielleicht Linie – Treffer an Ellenbogen/Oberarm nah am Körper in natürlicher Bewegung nicht strafbar.“

Wieder einmal wird nun also nach einer ansonsten spannenden Pokalpartie über eine Schiedsrichter-Entscheidung diskutiert, obwohl beide Seiten mit dem Endergebnis durchaus leben konnten. Wieder einmal steht dabei Stieler im Mittelpunkt. Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren über zweifelhafte Entscheidungen des Unparteiischen gesprochen, mehrfach gab der Deutsche Fußball-Bund (DFB) im Nachgang der Spiele Fehler zu. Dabei ist Stieler Fifa-Schiedsrichter, leitet auch Champions-League-Spiele. Dabei eckt er mit seiner Art aber immer wieder an. Die Kritik fassten am Mittwochabend interessanterweise argentinische ESPN-Kommentatoren zusammen. Stieler habe das Spiel kaputt gemacht, sagten sie live im Fernsehen, „schrecklich dieser Schiedsrichter“, hieß es im Laufe der Übertragung. Spieler und Funktionäre kritisieren immer wieder das Auftreten Stielers.

Das brachte Gräfe zu einer erneuten Generalkritik. „Es ist bedenklich, dass aller Orten von noch so entfernten Personen alle das deutsche Schiedsrichterwesen gleich einschätzen: mit seit Jahren immer mehr sinkender Qualität und der Frage, wer bringt solche Schiedsrichter in solche Positionen?“, schrieb er bei Twitter. Eine Diskussion, die das Spiel eigentlich nicht verdient hat.

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