Letztes Spiel für den BVB Robert Lewandowski: DFB-Pokal als Abschiedsgeschenk

Berlin · Torjäger Robert Lewandowski bestreitet am Samstag sein letztes Spiel für Borussia Dortmund. Danach wechselt er zum Endspiel-Gegner Bayern München. Der Einzelgänger will auch im Olympiastadion sein Ding machen.

Robert Lewandowski – Double-Gewinner und Torschützenkönig
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Das ist Robert Lewandowski

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Foto: AFP/Eric Espada

Die Geschichte beginnt vor anderthalb Jahren. Und es lohnt sich, noch mal zurückzublicken, jedenfalls wenn man sich tüchtig wundern will. Sie beginnt mit einer wenig charmanten Offensive von zwei der vielerorts so beliebten Spielerberater. In diesem Fall waren es die Agenten von Robert Lewandowski. Sie plauderten in dessen polnischer Heimat gezielt über die Wechselabsichten ihres Klienten. Und sie brachten ihn dazu, sich monatelang immer wieder darüber zu beklagen, dass ihm sein Verein Borussia Dortmund in geradezu bösartiger Weise die Zukunft verbaue. Die lag und liegt, wie inzwischen jeder weiß, beim heutigen Gegner im DFB-Pokalfinale (20 Uhr/ARD), dem FC Bayern München.

Lewandowskis Murren wurde erst ein wenig leiser, als die Dortmunder in völliger Übereinstimmung mit dem ausgehandelten Kontrakt auf Vertragserfüllung bestanden und sich weder um die Klagen des Stürmers noch um die wortreichen Anpreisungen durch seine Vermittler kümmerten - auch wenn's erkennbar schwer fiel. Und das Murren hörte auf, als der Klub außerplanmäßig ein paar Scheinchen drauflegte.

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Foto: dpa, dna nic

Das wäre nicht weiter bemerkenswert, wenn sich nicht in der Folge eine erstaunliche Beziehung zwischen Lewandowski und dem Dortmunder Publikum entwickelt hätte. Hatte es ihn wegen seiner großen Qualitäten im Abschluss und im Zusammenspiel mit den Kollegen lange eher respektiert, schloss es ihn auf der Zielgeraden seiner Zeit beim BVB ganz tief ins Herz. Der Torschützenkönig der Liga hat es zum Publikumsliebling gebracht obwohl er zum großen Rivalen geht. Alltäglich ist das nicht.

Ihren ersten Höhepunkt erreichte die neue innige Verbindung zwischen dem polnischen Stürmer und den Dortmunder Fans nach dem Bundesliga-Saisonfinale vor einer Woche. In Berlin feierten die Anhänger der Borussia den Angreifer mit derartiger Inbrunst, dass der vermutlich mit einer Ganzkörpergänsehaut überzogen in die Kabine gelangte. Kaum auszudenken, wie diese Party ausfällt, wenn Lewandowski heute in seinem letzten Spiel für die Borussen seiner Mannschaft auch noch einen Triumph über den künftigen Arbeitgeber bescheren würde.

Ausgeschlossen ist das nicht. Denn Lewandowski ist einerseits in grandioser Verfassung, andererseits kühl wie ein Eisschrank. Er kann sehr glaubwürdig versichern, dass er sich mit Gedanken an den neuen Arbeitgeber keine Sekunde lang beschäftigt. "Ich bin bei Borussia Dortmund", sagt er knapp. Und sein Sportdirektor Michael Zorc erklärt, er habe noch "keinen Profi erlebt, der so wie Robert äußere Einflüsse ausblenden kann".

Borussia Dortmund gegen FC Bayern München: die letzten Duelle
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BVB - Bayern: Die letzten Duelle

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Foto: AP/Matthias Schrader

Lewandowski bewies das schon in der vergangenen Saison, in seiner Murr- und Motzphase, als er in der Woche vernehmlich gegen seine Firmenchefs meckerte, am Wochenende unbeeindruckt seine Leistung ablieferte. Er tut das mit großer Präzision und Hingabe für den Job.

Emotionen spielen dabei eine deutlich untergeordnete Rolle. Mit dem Familiensinn, der die Dortmunder Mannschaft durchzieht, der auch von Trainer Jürgen Klopp mit aller Gefühligkeit unterstützt wird, hat Nationalstürmer Lewandowski wenig am Hut. Er gehört nicht zur Freundesclique im Team, die sich privat zum Essen trifft und sich manchmal verhält wie eine ganz normale Fußballmannschaft. Er ist auch nicht der beste Kumpel seiner polnischen Landsleute im Aufgebot, Lukasz Piszczek und Jakub Blaszczykowski.

Lewandowski geht seine eigenen Wege. Aber auf dem Platz ist auf ihn Verlass, und die Mitspieler finden natürlich seine Professionalität ebenso wunderbar wie seine unvergleichlichen Fähigkeiten, sich in schwierigsten Zweikämpfen zu behaupten. Mitspieler finden immer gut, wenn einer entscheidend hilft, Tore zu schießen, Spiele und letzten Endes Titel zu gewinnen.

Das tut Lewandowski. Und deshalb ruhen die Hoffnungen der Dortmunder bei ihrer letzten Titelchance der Saison ganz eindeutig auf seinen Schultern. Er hält das aus, weil er nicht nur ein kräftiges Kerlchen ist, sondern auch, weil er kann, was die Sportsprecher der Neuzeit so gern sagen: "Er ist total fokussiert auf seinen Beruf." Sein eher volkstümlicher Kollege Kevin Großkreutz drückt das weniger vornehm, aber vielleicht noch klarer aus: "Er macht sein Ding."

Davon dürfen sich heute fast 80 000 Zuschauer im Stadion und Millionen Fernsehzuschauer in 189 Ländern überzeugen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) preist vorab schon mal vollmundig das "Spiel der Spiele". Und vielleicht hat er sogar recht. Schließlich war das vor einem Jahr noch die Finalbegegnung in der Champions League, und gravierend schwächer sind beide Teams seither nicht geworden.

Daran ändert weder der letzten Endes ein wenig klägliche Abschied der Bayern aus dem Champions-League-Halbfinale noch der Dortmunder 19-Punkte-Rückstand in der Meisterschaft etwas. Beide Trainer halten sehr zu Recht ihre Saison bereits für sehr gelungen. Und weil der Münchner Übungsleiter Pep Guardiola das ausdrücklich hervorhob, stellte sein Kollege Jürgen Klopp gern fest: "Ich finde auch, dass der Meistertitel für eine sehr gute Saison reicht." Den anderen Titel kann er dann beruhigt dem BVB überlassen.

Darüber hätte sogar der nüchterne Herr Lewandowski sehr gelacht.

(RP)
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