Amateure hoffen auf Sensation Nöttingen mauert für die Bayern das Tor zu

Nöttingen · Fünftligist FC Nöttingen empfängt in der ersten Runde des DFB-Pokals die großen Bayern. Schon vor der Partie sind die Amateure in allen Medien omnipräsent.

Der Abwehrsheriff von Nöttingen hat mit seiner blühenden Fantasie schon ganze Arbeit geleistet. Nur über das letztliche Erfolgsrezept im "Pokal-Jahrtausendspiel" gegen den großen FC Bayern am Sonntag (16 Uhr/Live-Ticker) sind sie sich beim Fünftligisten FC Nöttingen noch nicht ganz einig.

Ein hausgemachter Videoclip unter dem Slogan Abwehrsheriff zeigt ein zugemauertes Tor. Ein anderer ein zugeparktes Tor — und ein dritter ein Tor im XXS-Format. "Bei uns sind alle bekloppt, balla-balla, es gibt nichts Normales mehr", sagte Nöttingens Vorstandsboss Dirk Steidl im SWR über die Kreativität im 2500-Einwohner-Dorf der Gemeinde Remchingen, das zwischen Pforzheim und Karlsruhe liegt.

Kein Vergleich zu der Stimmung im vergangenen Jahr, als Nöttingen immerhin Schalke 04 (0:2) zur ersten Pokal-Runde empfing. "Das, was jetzt passiert, ist Schalke mal 20", meinte Steidl, dessen Alltag sich seit der traumhaften Auslosung vor ein paar Wochen "dramatisch" verändert habe: "Wir haben das Medieninteresse komplett unterschätzt."

Natürlich kann man beim Metzger im Ort längst die Pokal-Wurst mit dem Vereinslogo und der Aufschrift "Für immer lila-weiß" kaufen. Sogar ein eigener Twitter-Account wurde inzwischen eingerichtet. Der FC Bayern allerdings ist nicht unter den 100 Followern.

Trotzdem steht alles kopf beim badischen Fußball-Zwerg, der jüngst aus der Regionalliga abgestiegen ist. Und die Vorfreude auf das David-gegen-Goliath-Duell am Sonntag vor 30.000 Zuschauern im ausverkauften Karlsruher Wildpark lässt sich am besten mit reichlich überdrehtem Film-Material ausdrücken. Natürlich hat auch der Pfarrer mit Trikot und Schal vor der Kirche posiert, als der Anheizer-Song "Wie ein Feuer" aufgenommen wurde.

Bis Sonntagmittag war das Video über 50.000 Mal angeklickt worden — und am Ende geht der große Traum wirklich in Erfüllung: Nöttingen schlägt den Rekordmeister mit 3:0. In dem Song heißt es unter anderem: "Eine Jahrtausend-Show für uns. Für die Bayern nur ein Pausenbrot — na und?"

Trainer Michael Wittwer, ein bekennender Bayern-Fan und Ex-Profi des Karlsruher SC, ist in diesen Tagen vor allen Dingen damit beschäftigt, seine Spieler zu beruhigen. "Die Jungs werden täglich mit dem Thema Bayern konfrontiert. Ich sage ihnen, dass sie nicht nur zum Autogrammeholen und Trikottausch auf den Platz gehen werden", sagte Wittwer der Welt am Sonntag und forderte: "Sie sollen vor dem großen Gegner nicht in Ehrfurcht erstarren. Wir wollen schließlich kein Debakel erleben."

Und Wittwer will nichts dem Zufall überlassen. Sein Sohn war mit einem Mitarbeiter der Nachwuchsabteilung beim Supercupspiel der unterlegenen Münchner gegen Gastgeber VfL Wolfsburg vor Ort und hat ein paar Sachen aufgeschrieben. Es wäre aber "lächerlich" gewesen, wenn er ein Analyseteam rausgeschickt hätte, "das elf Bayern zerfleddert", sagte Wittwer der Stuttgarter Zeitung: "Meine Spieler lachen mich doch aus, wenn ich denen erzähle: Der Lahm, der kann nix."

Vorstands-Boss Steidl aber träumt doch ein bisschen von der Sensation gegen das bayerische Starensemble. "Wir müssen lange ein 0:0 halten. Im Elfmeterschießen klappt es dann", prognostizierte Steidl. Der Abwehrsheriff von Nöttingen wird es schon es richten.

(sid)
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