Jede Einnahme zählt Nie war der DFB-Pokal so wertvoll wie in der Pandemie

Düsseldorf · In diesen Zeiten fehlen den Profiklubs Einnahmen an vielen Stellen. Deshalb werden die nationalen Pokalspiele zum lukrativen Wettbewerb, aus dem man besser nicht früh ausscheidet.

 Dortmunds Marco Reus küsst den Pokal nach dem Sieg im Pokalfinale gegen RB Leipzig 2021

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Foto: dpa/Martin Rose

Zwanzigmal hat der FC Bayern München den DFB-Pokal gewonnen, vierundzwanzigmal stand er im Endspiel. Auch deshalb heißt es in den Saison-Ausblicken mit schöner Regelmäßigkeit: „Der Pokalsieg geht nur über die Bayern.“ Nun haben sich die großen Münchner schon zum zweiten Mal in Folge frühzeitig aus dem Wettbewerb verabschiedet. Der größte Brocken ist damit aus dem Weg geräumt, vom Achtelfinale an geht es nicht mehr über die Bayern. Diesmal verdankt Fußball-Deutschland das der sonst so wankelmütigen Mönchengladbacher Borussia, die den Rekordsieger in der zweiten Runde mit 5:0 aus dem Stadion jagte. Bis heute rätseln die Experten, wie das geschehen konnte.

Die Rolle des Favoriten übernimmt jetzt Titelverteidiger Borussia Dortmund. Natürlich werden die üblichen Warnungen vor dem Zweitliga-Tabellenführer FC St. Pauli ausgegeben, aber das Hamburger Millerntor verliert bereits dadurch erheblich an Schrecken, dass nur eine sehr bescheidene Zahl an Zuschauern zugelassen ist. Der designierte Sportdirektor und heutige Leiter der Lizenzspieler-Abteilung, Sebastian Kehl, erklärt: „Wir wollen wieder nach Berlin, die Titelverteidigung ist ein großartiges Ziel.“

Selbst für reiche Branchengrößen wie den BVB ist der Pokal nicht nur sportlich eine reizvolle Angelegenheit. In Pandemie-Zeiten mit beinahe leeren Rängen und fehlenden Einnahmen wird der traditionsreiche Wettbewerb zum lukrativen Nebengeschäft. Rund vier Millionen Euro werden schon bis zum Halbfinale verdient, die Prämie fürs Finale und für den Sieg im Endspiel hat der Deutsche Fußball-Bund noch nicht festgeschrieben. Wegen der Corona-Pandemie werden wie in der zurückliegenden Spielzeit zunächst lediglich 80 Prozent der Prämiensumme ausgezahlt. Um Kleingeld handelt es sich nicht einmal für die wohlhabenden Klubs. Deshalb ist die Feststellung berechtigt: Nie war der Pokal so wertvoll.

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Foto: dpa/Marius Becker

Ob die Teams im Verlauf des Wettbewerbs nennenswerte Einnahmen aus dem Ticketverkauf einstecken können, ist nicht heraus, aber auch nicht unwahrscheinlich. Nach schöner alter Sitte werden die Einnahmen zwischen den Gegnern (zu je 40 Prozent) und dem DFB geteilt.

Das erhöht den Reiz des DFB-Pokals ebenso wie die Aussicht auf einen Startplatz in der Europa League. Den gewinnt nur die Mannschaft, die in Berlin den Cup holt.

Von diesem Erfolgserlebnis träumen die Berliner Klubs bislang vergeblich. Die Hertha stand zwar dreimal im Finale, ein Heimspiel gab es aber nur für die zweite Mannschaft, die sich 1993 als Drittligist bis ins Endspiel vorkämpfte. Die erste Mannschaft verpasste Auftritte vor dem eigenen Publikum, weil der Pokal erst seit 1985 im Olympiastadion ausgespielt wird. Mehr als große Anerkennung für ihre bemerkenswerte Leistung gab es für die „Hertha-Bubis“ acht Jahre später nicht. Sie unterlagen Bayer Leverkusen ehrenvoll mit 0:1.

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Foto: ddp

Union Berlin stand ebenfalls als Drittligist schon im Finale. Aber auch die Eisernen verloren das Endspiel in Berlin – 2001 mit 0:2 gegen den FC Schalke.

In diesem Jahr kann es allenfalls ein Berliner Klub ins Finale schaffen. Denn Hertha und Union stehen sich am Mittwoch in der wohl interessantesten Begegnung des Achtelfinales gegenüber. Berlin erörtert zurzeit voller Hingabe die Frage nach dem Favoriten im Lokalderby. Der ehemalige Union-Manager Christian Beeck vergibt die Rolle an sein früheres Team, „weil Union insgesamt stabiler ist im gesamten Auftreten, ihrem gesamten taktischen Verhalten, ihrem gesamten aggressiven Zweikampfverhalten“.

Stabiler wirkt nach einer wenig überzeugenden Hinrunde in der Bundesliga auch der noch amtierende Vizemeister. RB Leipzig ist nach Dortmund der zweite Kandidat auf den Titel. Im Achtelfinale empfängt die Konzern-Abteilung Fußball den Zweitligisten Hansa Rostock. Für solche Begegnungen sehen die Sportsprachbücher den Begriff „lösbare Aufgabe“ vor.

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Foto: dpa/Christian Charisius

Rostock ist freilich nicht der einzige Außenseiter, der sich noch Hoffnungen auf erfreuliche Zusatzeinnahmen machen darf. So reist der einst große Hamburger SV als Zweitligist zum bislang überraschend fröhlich stürmenden 1. FC Köln. Und die früher mal fast so großen „Sechziger“ könnten als Drittligist in München dem Zweitligisten Karlsruher SC ein Bein stellen.

Für alle gilt, was der Dortmunder Funktionär Kehl seiner Mannschaft mit auf den sportlichen Lebensweg gibt: „Wir wollen erfolgreich sein mit einer guten Haltung.“ Gegen St. Pauli hat er das selbst übrigens schon vorgemacht. 2014 schaltete der BVB die Hamburger am Millerntor in der zweiten Runde mit 3:0 aus. Kehl stand in der Startelf, und auch die Unterstützung von 30.000 Fans im ausverkauften Stadion half dem Außenseiter nicht.

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