Borussia Mönchengladbach Borussia zündet nach der Pause den Turbo

Hamburg · Nein, auch einen Champions-League-Teilnahme schützt vor Pokal-Schwierigkeiten nicht. Das musste Borussia Mönchengladbach am Montagabend am Hamburger Millerntor eine Halbzeit lang erfahren. 0:1 lagen die Fohlen hinten, und sie spielten schlecht. Aber eben nur eine Halbzeit lang. In Hälfte zwei steigerte sich Borussia dann doch dermaßen, dass am Ende noch ein verdienter 4:1-Sieg beim Zweitligisten heraussprang.

FC St. Pauli - Borussia Mönchengladbach: Einzelkritik
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"Das war ein ganz, ganz schweres Auswärtsspiel, aber wir haben die Aufgabe erfüllt und zum richtigen Zeitpunkt die Tore gemacht", sagte Stindl in der ARD. "Die Spieler haben besser gespielt, mit mehr Tempo gespielt, einfacher gespielt", erklärte Gladbach-Trainer Lucien Favre die Steigerung nach der Pause. St. Paulis Coach Ewald Lienen stimmte zu. "In der ersten Halbzeit haben wir zwar in Führung gelegen, aber da hat Mönchengladbach auch noch nicht so richtig auf Tempo gedrückt. Es ist schade, dass wir alle hinten sind, kompakt sind und trotzdem Tore fallen. Man muss das akzeptieren", sagte Lienen und war trotz einiger "eklatanter Fehler" zufrieden mit seiner Mannschaft.

Die ARD hatte eigens noch mal in den eigenen Archiven gekramt: 1997 übertrug das Erste zum ersten Mal eine Erstrundenpartie im DFB-Pokal live, aber dass es danach mal eine erste Live-Runde mit Gladbacher Beteiligung gegeben hätte? "Nein, dies geschieht dieses Jahr zum ersten Mal", teilte eine ARD-Sprecherin mit. Dass es nun aber ausgerechnet diese ungewohnte Direktübertragung gleich zu Saisonbeginn war, die den Borussen vom Niederrhein zunächst einen derartigen Pokalabend bescherte, klingt dann doch eher unwahrscheinlich. Dass bei der neu formierten Mannschaft von Trainer Favre indes auf St. Pauli spielerisch eine Halbzeit lang so gar nichts an die flüssigen Spielvorträge der so erfolgreichen Vorsaison erinnerte, dürfte dagegen für die 28000 im fertig renovierten Stadion und jeden vor dem Fernseher leicht zu erkennen gewesen sein.

Favre hatte in Stindl (im Mittelfeld neben Granit Xhaka) und Stürmer Josip Drmic seine beiden Top-Einkäufe aufgeboten, dazu die "Bubi-Innenverteidigung" mit dem Dänen Andreas Christensen (19) und Eigengewächs Marvin Schulz (20). Doch gerade in der Spieleröffnung gegen erwartbar defensiv agierende Hausherren von Trainer und Ex-Borusse Lienen funktionierte bei Borussia 45 Minuten lang nichts: Das Tempo zu niedrig, das Passspiel zu ungenau, Drmic hing völlig in der Luft und agierte bei seinen wenigen Aktionen unkonzentriert, Taktgeber Xhaka war lange keiner, und auch die Ideen vom zweiten Taktgeber, dem Brasilianer Raffael, waren oft zu kompliziert, um Zielführendes zu erzeugen.

Auf der Gegenseite schöpften deswegen die Paulianer aus einer beherzt-kämpferischen Leistung irgendwann auch offensiven Mut und belohnten sich schließlich — nicht einmal unverdient — mit dem 1:0 durch Marc Rzatkowskis Traumtor aus 21 Metern links oben in den Torwinkel im Anschluss an einen Xhaka-Fehler. Borussia wirkte beeindruckt — von der Atmosphäre am Millerntor, die den Zweitligisten beflügelte, mehr aber wohl noch von den eigenen Unzulänglichkeiten. Zwei Chancen von Ibrahima Traoré und Drmic waren alles, was die Gäste in den ersten 45 Minuten zustande brachten.

Nach dem Wechsel beschloss Borussia dann aber doch, sich am Riemen zu reißen und endlich mehr Genauigkeit, Zielstrebigkeit und vor allem die vorhandene Qualität ins Offensivspiel einfließen zu lassen. Der Effekt ließ nicht lange auf sich warten: In Minute 55 brachte in Stindl Gladbachs Bester einen dieser nun konstruktiveren Angriffe mit viel Willen aus kurzer Distanz zum 1:1 im Tor unter. Und nur eine Minute später schlenzte Traoré in gewohnter Arjen-Robben-Manier den Ball von der Strafraumkante zum 2:1 für Borussia ins linke Toreck.

Gladbach hatte eine krampfigen Abend binnen zwei Minuten in einen sehr erträglichen gedreht. Pauli war nun angezählt, angeknockt wie ein Boxer. Der Traum vom Pokal-Coup, er platzte im Rekordtempo. Und der Champions-League-Teilnehmer Borussia nutze dies weiter konsequent aus: Erneut Stindl — diesmal im Nachschuss — schoss die Gäste 3:1 in Front. Der für Drmic eingewechselte Thorgan Hazard sorgte in der 86. Minute für den 4:1-Endstand.

So war es am Ende doch noch ein standesgemäßer Sieg der Fohlen. Nach einer standesgemäßen zweiten Halbzeit.

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