Bielefeld blamiert sich im Pokal „Wissen, dass wir kacke waren“

Essen · Beim Aufsteiger Arminia Bielefeld ist die Euphorie auf einen Schlag dahin. Nach der Pokal-Blamage von Essen ist der Druck bereits vor dem ersten Bundesligaspiel des Klubs seit elf Jahren groß.

 Der Bielefelder Anderson Lucoqui (M) lässt den Kopf hängen. Bielefeld verliert in Essen mit 0:1.

Der Bielefelder Anderson Lucoqui (M) lässt den Kopf hängen. Bielefeld verliert in Essen mit 0:1.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Uwe Neuhaus fand immer neue Superlative, um seine Enttäuschung in Worte zu fassen. "Ich schäme mich für die Nicht-Leistung in der ersten Halbzeit", sagte der Aufstiegstrainer von Arminia Bielefeld bei Sky, "das war schon fast Verweigerung. Ich kann es mir nicht erklären."

Das 0:1 (0:1) beim Viertligisten Rot-Weiss Essen schmerzt in vielerlei Hinsicht. Zum einen ist die Arminia neben Hertha BSC der einzige Erstligist, der in der ersten DFB-Pokalrunde über einen "Kleinen" gestolpert ist. Das bedeutet einen Imageschaden und finanzielle Einbußen, die in Coronazeiten besonders wehtun.

Noch schlimmer aber: Auf einen Schlag ist die Euphorie beim souveränen Zweitligameister dahin. Vor dem ersten Bundesligaspiel des Klubs nach 4137 Tagen bei Eintracht Frankfurt (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) muss die Mannschaft den Kopf freibekommen - dabei war die Psyche im Duell mit dem Niederrheinpokalsieger das große Problem.

"Die Einstellung hat gefehlt", analysierte Arminen-Kapitän Fabian Klos am ARD-Mikrofon: "In der ersten Halbzeit brauchen wir nicht über Lösungen gegen tief stehende Gegner zu sprechen. Das war eine glatte Sechs in der Zweikampfführung von uns."

Offensiv 45 Minuten lang ideenlos, danach unpräzise, defensiv brannte es nicht nur beim Tor des Tages durch Simon Engelmann (33.) lichterloh. Aus Bielefelder Sicht wäre es hilfreich, wenn das erste Pflichtspiel in der Saison das schlechteste bliebe.

Klos, der mit 32 Jahren vor seinem Bundesliga-Debüt steht, setzt auf die Selbstreinigungskräfte in der Kabine: "Die Mannschaft hat ein gutes Bild von sich selbst. Wir alle wissen, dass wir heute kacke waren."

Deswegen rief der Zweitliga-Torschützenkönig der abgelaufenen Saison gleich den Charaktertest aus. "Diese Niederlage war natürlich nicht eingeplant. Jetzt können wir schon mal üben", sagte Klos, denn: "Anders als in den vergangenen Monaten werden Niederlagen kommen. Die Frage wird sein, wie alle zusammen damit umgehen."

Zumindest lamentierten die Arminen nicht groß über die Leistung des Schiedsrichtergespanns um Harm Osmers. Die Unparteiischen übersahen in der fünften Minute einen Tritt des Esseners Sandro Plechaty gegen Klos im Strafraum, in der Schlussphase ein Handspiel. "Das ist schwer für den Schiedsrichter, erst recht ohne Videobeweis", bemerkte Klos: "Unter dem Strich hat Essen ein sehr gutes Spiel gemacht, Arminia Bielefeld ein sehr schlechtes."

Keine fünf Tage blieben Neuhaus nach dem Schock zur Vorbereitung auf den Ligastart. Der stoische Coach sah am Montag reichlich Ansatzpunkte, doch vorrangig ist der 60-Jährige als Psychologe gefragt: "Die Mannschaft muss in Frankfurt eine völlig andere Leistung zeigen. Die Frage ist, ob sie das vom Kopf her kann." Zumindest wird sie dann nicht die Favoritenrolle innehaben, das ist in Essen noch etwas klarer geworden.

(sid/old)
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