Neue Technologien Der gläserne Fußball

Düsseldorf · Technologie spielt im Sport eine immer größere Rolle. In Düsseldorf gaben Firmen einen Vorgeschmack auf die Zukunft.

 DFL-Geschäftsführer Christian Seifert.

DFL-Geschäftsführer Christian Seifert.

Foto: dpa, ade fgj

Irgendwann an diesem Tag in der Düsseldorfer Arena sagt Steffen Simon einen Satz, der den Fußball-Standort Deutschland ziemlich gut beschreibt. "Der Zuschauer", sagt Simon, Sportchef des Westdeutschen Rundfunks, "ist bei uns durchaus konservativ, der will nicht mit irgendwelchen Daten überfrachtet werden und auch nicht das Spiel wie einen Videoclip verpackt bekommen." Die Branche befindet sich dennoch derzeit in einem radikalen Wandel.

Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat in der Spielstätte von Bundesliga-Aufsteiger Fortuna zur Messe "Sportsinnovation" geladen, in der nicht weniger als die Zukunft des Spiels gezeigt wird. "Wir wollten Unternehmen, die sich darauf spezialisiert haben, Sport in jeder Ausprägungsform, sei es in den elektronischen Medien, in der Datenerfassung und Stadiontechnologie, an einem Ort zusammenzubringen", erklärt DFL-Geschäftsführer Christian Seifert. "Was sie heute im Kopf haben, was sie in Zukunft planen. Wir wollten einen Ort schaffen, wo sie sich austauschen können."

Viele visionäre Projekte sind auf der Messe zu sehen. Starts-ups und globale Unternehmen, die mit ihren Produkten die Aufbereitung des Fußballs revolutionieren können. Es sind ein paar Spielereien dabei. Ein Anbieter bietet Kameras an, die einen noch näher ans Spiel bringen sollen. Eine Mini-Linse ist etwa im Stab der Eckfahne integriert. Ein paar Stände weiter wird gezeigt, wie in mehrdimensionaler Weise Spielszenen in Echtzeit dargestellt werden können. Dadurch kann deutlich realistischer dargestellt werden, wie es der Ball an der Mauer vorbei ins Tor geschafft hat. Oder ob eine Abseitsposition vorgelegen hat.

Das sind alles Dinge, die irgendwann als zusätzliche Optionen für TV-Zuschauer gedacht sind. Der Stadionbesucher muss sich zunächst mit kleinen Schritten zufrieden geben. Wenn überhaupt.

In Düsseldorf hat die DFL den Videobeweis 2.0 vorgestellt: Wenn künftig das technische Hilfsmittel genutzt wird, soll das Publikum zumindest etwas mehr über die Hintergründe der Entscheidung erfahren. Der Schiedsrichter soll nach Ansicht der Bilder seine Entscheidung über die Stadionmikrofone verkünden. Er sagt allerdings nicht viel und erklärt erst recht nichts. Auf der Videowand erscheint eine eher rudimentäre Anzeige: Wie war die ursprüngliche Entscheidung? Warum wurde überprüft und was ist die finale Entscheidung? Eine Aufbereitung der Szene wird es zeitnah nicht geben. In den kommenden Wochen will der Deutsche Fußball-Bund (DFB) über Weiterentwicklungen beraten. Bislang steht beim Verband das Thema allerdings nicht konkret auf der Agenda, es gibt Ideen, aber keine Beschlussvorlage. Mit anderen Worten: Es kann dauern.

Seifert will mit der DFL ganz anders als für einen Verband üblich agieren. Er hat die Bundesliga zu einem milliardenschweren Produkt gemacht, nennt den Fußball "Innovationstreiber" und "Schrittmacher technischen Fortschritts". Um in der digitalisierten Welt vorne mitzuspielen, müsse die DFL als eines der "größten Medienunternehmen der Entertainmentbranche" weiterhin "mutige Entscheidungen treffen".

Der Fußball ist eine riesengroße Spielwiese für Datensammler, die ermitteln, wohin mit welcher Geschwindigkeit der Ball geflogen ist, wer wann wohin gelaufen ist etc. Das Interesse dafür ist bislang eher bescheiden. Stefan Reinartz, ehemaliger Profi bei Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt, hat mit seiner Firma Impect das sogenannte Packing erfunden - dabei wird die Zahl der mit einem Pass überspielten Gegner ermittelt. "Der Deutsche möchte die Dinge schon gern in ihrer ganzen Tiefe verstehen, aber nicht bei einem großen Turnier mit 1,8 Promille im Biergarten", sagt Reinartz. "Es gibt sicherlich dafür einen Markt, aber nicht in den gängigen TV-Formaten. Vereine könnten viel Geld sparen." Deshalb will er sein Konzept den Scouts der Profiklubs anbieten. Klaus Filbry, Geschäftsführer von Werder Bremen, ist neugierig: "Alles, was uns hilft, ein finanzielles Risiko zu minimieren, sollte in einen Entscheidungsprozess mit einbezogen werden."

(gic)
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