Kolumne „Anstoß“ Es wird keine 100-Millionen-Transfers mehr geben - vorerst

Düsseldorf · Uli Hoeneß glaubt, dass es nach der Corona-Krise eine andere Fußballwelt geben wird. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, wann alles wieder so wird wie vor der Corona-Krise.

 Uli Hoeneß.

Uli Hoeneß.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Er hat es versprochen. Als Uli Hoeneß im vergangenen Spätherbst aus dem Amt des Präsidenten von Bayern München schied, da kündigte er an, er werde sich auch künftig zu Wort melden, wenn er es für angezeigt halte. In der Corona-Krise hält er es für angezeigt. Und auch wenn er all jene der Scharlatanerie bezichtigt, die eine Voraussage darüber wagen, wann der Fußball wieder in den geordneten Spielbetrieb übergeht, steht für ihn fest, dass es tiefe wirtschaftliche Einschnitte und schwere Verluste geben wird. Dafür muss man kein Wirtschaftsstudium absolviert haben.

Und auch für eine wesentliche Schlussfolgerung daraus genügt der normale Menschenverstand, als dessen Hüter sich Hoeneß immer mal wieder versteht. Dem Magazin „Kicker“ sagte er: „Es ist die Chance, dass die Koordinaten etwas verändert werden. Man kann es nicht vorschreiben, aber 100-Millionen-Euro-Transfers kann ich mir in der nächsten Zeit nicht vorstellen. Die Transfersummen werden fallen.“

Das ist eine, wenn man so will, gesunde Folge der Corona-Krise, die auch den Großen gewaltige Löcher ins Budget reißen wird. Für Hoeneß ist das Anlass zur Feststellung: „Es wird sehr wahrscheinlich eine neue Fußballwelt geben.“

Ob sich diese Welt dauerhaft verändert, ist allerdings eine eher offene Frage. Die Antwort hängt unter anderem davon ab, wie lange die große Krise den normalen Spielbetrieb verhindert. Das weiß, wie Hoeneß ganz richtig bemerkt, wirklich niemand.

Es ist aber sicher, dass sich an den Grundsätzen des Geschäfts nichts ändert. Die Großen werden weiter viel mehr Geld haben als die Kleinen, und die Teilnahme an den internationalen Wettbewerben, vor allem an der Champions League, wird die wirtschaftlichen Unterschiede weiter zementieren – auch wenn die Gesamtetats der Vereine im Vergleich zur heutigen Situation bescheidener ausfallen werden. Das Verhältnis aber bleibt gleich.

Über den internationalen Wettbewerb wird die Uefa mit den Grundsätzen des Financial Fair Play sehr aufmerksam wachen müssen. Nur mit der Verpflichtung, nicht mehr für Transfers aufwenden zu dürfen als eingenommen worden ist, gibt es Chancengleichheit. Es ist sicher, dass die Eigentümer der großen englischen, italienischen, spanischen und französischen Klubs jedes Schlupfloch suchen werden, um ihren Vereinen finanzielle Vorteile zu verschaffen. Auch an diesem Wettbewerb wird sich grundsätzlich nichts ändern.

Deshalb ist es wohl nicht mehr als ein schöner Traum, den Hoeneß und andere in schwierigen Zeiten träumen, dass der Fußball sich selbst besinnt und aussteigt aus der hemmungslosen Steigerung von Ablösesummen, Gehältern und Sonderprämien. Denn in der Sache bleibt der Profifußball gleich – es geht ums Gewinnen, auf dem Feld und beim Wettbieten um Spieler. Wenn das eine Zeit lang mit vergleichsweise geringeren Summen geschieht, weil eben nicht mehr in der Kasse liegt, ist das noch lange keine Trendwende. Und schon gar keine neue Fußballwelt.

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