Bundesligisten droht Insolvenz DFB-Boss Keller fordert finanzielle Unterstützung aus der Politik

Frankfurt · Die Gefahr von Insolvenzen im deutschen Profifußball wird mit jedem Wochenende ohne Spieltag größer. DFB-Präsident Fritz Keller befürchtet das Schlimmste - und fordert daher finanzielle Unterstützung aus der Politik.

Das ist Fritz Keller - DFB-Präsident, Winzer, Patenkind von Fritz Walter
16 Bilder

Das ist Fritz Keller

16 Bilder
Foto: dpa/Boris Roessler

Die Solidarität steht über allem. Fritz Keller spricht deshalb offensiv vom Geben und Nehmen, wenn es um den Kampf gegen die drohenden Insolvenzen geht. "Unterstützung seitens der Politik", sagt der DFB-Präsident unverblümt, "wird notwendig sein". Und die habe der Fußball gewiss auch verdient, da er schließlich "wertvolle Arbeit für die Gesellschaft und das Gemeinwohl" leistet, ein "Integrationsmotor" ist.

Die Worte des 63-Jährigen auf der Internetseite des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sind eindringlich, für Keller selbst ein "klarer Appell an die Politik" - und inmitten der Coronakrise wahrscheinlich so "seriös und glaubhaft" wie die vom DFB-Boss erwähnten Hilferufe zahlreicher Klubs. Es war somit alles andere als eine frohe Botschaft, die Keller kurz vor Ostern verkündete.

"Ja, das ist nicht ausgeschlossen", antwortete er im Interview bei Phoenix auf die Frage, ob sogar auch Bundesligisten durch die Coronakrise von der Pleite bedroht sind: "Je länger das geht, werden wir dieses Szenario leider erleben müssen - in der 2. Liga sowieso, und in der 3. Liga sieht es noch schlimmer aus." Keller glaube also nicht, "dass die Landschaft nach der Coronakrise gleich sein wird wie heute. Wir werden einige vermissen."

Gefährdet seien aber "nicht nur die Profis, sondern alle Ligen von der Verbandsliga bis zur Kreisklasse". Dem DFB sind bei der Unterstützung allerdings ein wenig die Hände gebunden, weil er "Einnahmeausfälle von Vereinen nicht durch Zuschüsse oder Darlehen ausgleichen" darf, zudem für rund 25.000 Vereine laut Keller auch gar nicht die nötigen Mittel hätte.

Wie sehr auch im Profibereich unter der Saison-Unterbrechung gelitten wird, zeigen die Sparmaßnahmen der Vereine. Durch Kurzarbeit und Gehaltsverzicht bei den Profis versuchen die Klubs, bis zu einem erhofften Wiederbeginn der Spielzeit über die Runden zu kommen. Dennoch sind laut kicker 13 der 36 Erst- und Zweitligisten akut von der Insolvenz bedroht.

Falls der Ball im Mai immer noch nicht rollt, könnte das Szenario eintreten, das Christian Seifert schon Mitte März prophezeite. "Dann brauchen wir uns nicht mehr darüber zu streiten, ob es 18 oder 20 Bundesligisten sein sollen", hatte der Boss der Deutschen Fußball Liga (DFL) damals gesagt: "Denn dann wird es keine 20 Profiklubs mehr geben."

Wie dramatisch die Lage ist, macht das Beispiel Schalke 04 deutlich. "Der Verein steht aktuell vor einer potenziell existenzbedrohenden wirtschaftlichen Situation", hieß es auf der Internetseite des Klubs. Eine derart drastische Formulierung auf der Homepage eines Klubs, wo sonst fast nur Erfolgsmeldungen auftauchen und Negativ-Berichterstattung kaum stattfindet, lässt das Schlimmste befürchten.

Rettung versprechen derzeit lediglich die anvisierten "Geisterspiele" unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nur dann fließen wieder die Mediengelder - die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle der Klubs. Darauf baut auch Keller. Der Profifußball könne es schaffen, "wenn wir so früh wie möglich, natürlich nur unter den Bedingungen, niemanden zu gefährden, und unter Zuschauerausschluss, wieder Spiele durchführen können".

Für die 3. Liga gilt das allerdings nur bedingt. Ohne Zuschauer würde den Vereinen, die wesentlich weniger TV-Gelder als die Erst- und Zweitligisten einstreichen, eine wichtige Säule der Finanzierung fehlen. Die Liga könnte eine Reihe der sogenannten "Planinsolvenzen" erleben - falls die Gläubiger mitspielen. Die prekäre Lage der Klubs hat zuletzt dazu geführt, dass die Rufe nach einer Angliederung der 3. Liga an die DFL wieder lauter wurden. Da es sich um eine reine Profiliga handelt, wäre dieser Schritt nach Ansicht der Befürworter folgerichtig.

Wie groß die Unterschiede im Profifußball zwischen Arm und Reich sind, macht schon ein flüchtiger Blick auf den Branchenführer deutlich. Während andere Klubs kaum noch Geld für die Auszahlung der kommenden Monatsgehälter aufbringen können, verlängert Bayern München munter Verträge mit Topverdienern. Gegen wen die zukünftig spielen werden, ist aber offener denn je.

SID nr mh

(sid/old)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort