Fiktives Spiel während Corona-Krise Lokomotive Leipzig verkauft 125.000 virtuelle Tickets

Leipzig · Die leidgeprüften Fans von Lok Leipzig greifen dem Klub mal wieder unter die Arme und kaufen virtuelle Tickets für ein fiktives Spiel - und stellen damit einen Rekord auf.

Corona-Krise: 1. FC Lokomotive Leipzig verkauft 125.000 Tickets für fiktives Spiels
Foto: Pixabay

Würde das Spiel tatsächlich stattfinden, käme es zu reichlich skurrilen Szenen. Lok Leipzig träfe auf einen unsichtbaren Gegner - doch das eigentlich Verblüffende würde sich auf den Tribünen des Bruno-Plache-Stadion abspielen: Knapp zwölf Menschen müssten sich dort einen Platz teilen. Und es dürften noch mehr werden.

Schon jetzt haben mehr als 125.000 Fans ein so genanntes "Geisterticket" für das fiktive Spiel am 8. Mai gekauft, um dem Traditionsklub aus der Regionalliga Nordost in Zeiten der Coronakrise aus der größten finanziellen Not zu helfen. Ganz nebenbei sorgte die Spendenaktion auch für einen Rekord: Das Spiel hat schon jetzt mehr virtuelle Besucher als das legendäre Europacup-Halbfinale 1987 von Lok gegen Girondins Bordeaux reale Zuschauer hatte.

Damals waren offiziell zwar nur 73.000 Zuschauer im Leipziger Zentralstadion erlaubt gewesen, doch am Ende sollen sich das Spektakel 120.000 Menschen vor Ort angesehen haben. Nun nimmt Lok virtuell den Europarekord ins Visier: Im April 1937 hatten im Hampden Park in Glasgow 149.547 Zuschauer das Länderspiel Schottland gegen England besucht.

"Einfach atemberaubend" sei die Resonanz an der am 19. März gestarteten Spendenaktion "Leute, macht die Bude voll", so Klubpräsident Thomas Löwe. Es sind sogar Ticketbestellungen aus Australien und Namibia eingegangen, selbst die englische BBC hat davon berichtet.

Reich wird der viermalige Pokalsieger der ehemaligen DDR durch die Aktion aber nicht, eine Karte kostet nur einen Euro. Der Gewinn hilft lediglich, vorerst die gröbsten Löcher durch die Spielpause zu stopfen.

"Durch das Geld können wir anderthalb Monate länger durchhalten", sagte Vizepräsident Alexander Voigt dem SID: "Die Situation ist für uns absolut existenzbedrohend. Von oben kommt kein Geld mehr rein, aber unten fließt es noch raus." Anders als Tabellenführer VSG Altglienicke machen die Einnahmen bei Heimspielen rund 50 Prozent des Gesamtetats von Lok Leipzig aus.

Rollt nicht bald wieder der Ball vor Zuschauern, droht dem Klub das Aus - wie so vielen Amateurvereinen. "Da erwarten wir von den Verbänden ein ganz klares Zeichen und Hilfen", sagte Voigt. Denn ewig werden die eigenen Fans die Löcher nicht stopfen können

(dpa/old)
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