Analyse zur Champions League Geschlossene Gesellschaft

Düsseldorf · Heute Abend startet die Champions League. Teams aus 17 Nationen nehmen am wichtigsten Wettbewerb im europäischen Vereinsfußball teil. Spätestens im Halbfinale treffen sich aber wohl wieder die Altbekannten. Überraschungen sind kaum mehr möglich.

So viele Prämien gibt es in der Champions League
Infos

So viele Prämien gibt es in der Champions League

Infos
Foto: AFP, AFP

Es war José Mourinhos größter Coup. Mit dem FC Porto gewann er als Trainer die Champions League. 2004 war das. Gegner im Finale auf Schalke: der AS Monaco. Zwei Außenseiter im Endspiel um den sogenannten Henkelpott. Zwölf Jahre später ist dies nur noch eine Anekdote aus längst vergangenen Fußballzeiten. Wenn ab heute Abend wieder der Ball in der Königsklasse rollt, spielen Porto und Monaco zwar erneut mit. Mit dem Finale in Cardiff im kommenden Juni werden sie aber aller Voraussicht nach nichts am Hut haben. Zu groß ist mittlerweile die Dominanz der führenden europäischen Fußballnationen.

Spanien, Deutschland und England marschieren seit Jahren vorneweg, wenn es um den wichtigsten Titel im europäischen Vereinsfußball geht. In den vergangenen fünf Spielzeiten erreichten zehn Mal Teams aus Spanien (5 x Real Madrid, 3 x FC Barcelona, 2 x Atlético Madrid) das Halbfinale. Fünf Mal schaffte es der FC Bayern in die Vorschlussrunde, ein Mal Borussia Dortmund. Aus England war es zwei Mal der FC Chelsea und in der vergangenen Saison Manchester City. Nur ein Team aus einem anderen Land war vertreten: der italienische Rekordmeister Juventus Turin 2011.

Europäische Fußballvielfalt sieht jedenfalls anders aus. Das letzte Mal, dass es ein Team aus einem Land außerhalb der Top fünf, zu der auch die etwas hinterherhinkenden Italiener und Franzosen zählen, unter die letzten vier geschafft hat, liegt schon elf Jahre zurück: 2005 scheiterte PSV Eindhoven im Halbfinale am AC Mailand.

In Frühzeiten der Champions League, die 1992 den Europapokal der Landesmeister abgelöst hat, lebten die europäischen Abende auch und vor allem von der Spannung durch überraschende Siegeszüge von Außenseitern. Im modernen Fußballgeschäft ist die Hürde dafür allerdings sehr hoch geworden. Zu hoch? Über sechs Gruppenspiele einen der ersten beiden Plätze zu belegen, ist für einen Außenseiter schwer genug. Dann in den K.o.-Spielen in Hin- und Rückspiel jeweils den ganz Großen noch einmal ein Bein zu stellen, ist sehr unwahrscheinlich geworden. Zu groß ist der Unterschied der Qualität in den Kadern. Die Auswechselbank von Top-Klubs ist oft hochkarätiger besetzt als das Stammpersonal der meisten Kontrahenten.

Verantwortlich für die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich in der Branche ist eine ungleiche Verteilung der finanziellen Mittel. Die Europäische Fußball-Union (Uefa) schüttet in dieser Spielzeit erstmals einen Gesamtbetrag von über 1,3 Milliarden Euro aus. Den größten Teil vom Kuchen bekommen die ohnehin schon finanzstärksten Klubs, sollten sie nicht ins Straucheln geraten und überraschend früh ausscheiden. Die Höchstsumme, die ein Verein erspielen kann, beträgt stolze 57,2 Millionen Euro - ohne Berücksichtigung des Marktpools, aus dem je nach TV-Präsenz zusätzliche Einnahmen verteilt werden. Ab 2018 gibt es noch mehr Geld. Eine Reform sorgte dafür, dass die Reichen künftig noch reicher werden. Ein Beispiel: Wendet man den neuen Verteilungsschlüssel (inklusive Marktpool) auf die abgelaufene Spielzeit in der Königsklasse an, hätte Sieger Real Madrid 136 Millionen Euro kassiert, Gruppenteilnehmer Maccabi Tel Aviv nur 19,6 Millionen. Woraus sich vielleicht noch wenigsten ein klitzeklein wenig Spannung generiert: Bisher gelang es keinem Klub, den Titel in der Champions League zu verteidigen.

Immer, wenn die reichen Klubs bei der Verteilung noch mehr Geld aus dem Topf haben wollen, lassen sie gerne die Muskeln spielen und drohen damit, eine europäische Elite-Spielklasse zu gründen. Sie sagen das immer besonders laut, man nimmt ihnen aber nicht ab, das Projekt auch wirklich umzusetzen. Denn insgesamt wissen sie, dass sie ihrem Produkt so mehr schaden als nutzen würden. Denn die Großen brauchen die Kleinen mehr, als sie mitunter zugeben wollen.

Der eigentliche Gegner für globale Marken wie Barcelona, Bayern und Manchester ist der Weltverband Fifa. In früheren Zeiten waren Weltmeisterschaft die Plattform, um aus einem starken Spieler einen Superstar zu machen. Mittlerweile schleppen sich viele hoch bezahlte Kräfte auf der letzten Rille zu einem WM-Turnier. Die Profis sind total überspielt durch ihre Einsätze in den verschiedenen Wettbewerben. Die Champions League ist längst zur großen Bühne geworden. Die Vereine versuchen, ihr Personal zu schützen. Es geht schließlich um viel Geld.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort