Krawalle in Nizza und Marseille Frankreichs Fanproblem wird zur Bedrohung für den europäischen Fußball

Meinung | Düsseldorf · Krawalle in Nizza, Krawalle in Marseille – die internationalen Spiele deutscher Klubs haben für negative Schlagzeilen gesorgt. Doch das Problem liegt nicht zwangsläufig bei Anhängern des 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt.

Gewalteskalation in Marseille: OM-Fans beschossen Frankfurter Anhänger mit Pyrotechnik.

Gewalteskalation in Marseille: OM-Fans beschossen Frankfurter Anhänger mit Pyrotechnik.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Lange, sehr lange hatten sich Fußball-Fans auf solche Momente gefreut: endlich wieder internationale Auswärtsspiele, endlich wieder reisen, tolle Stimmung erleben, den Verein im Europapokal unterstützen. Doch nach nicht einmal zwei Spieltagen in Champions, Europa und Conference League ergeben sich teils desaströse Bilder für jedes Fan-Herz. Schlägereien in Nizza, als der 1. FC Köln zu Gast war. Pyro-Wahnsinn in Marseille, als Eintracht Frankfurt am Dienstag das erste Königsklassen-Spiel der Vereinsgeschichte gewann. Wenn es in der vergangenen Woche um deutsche Fußball-Fans ging, war stets die Gewalt ein Thema.

Schuldlos sind die Kölner und Frankfurter keinesfalls. Sie zelebrieren die Rückkehr auf die große internationale Fußballbühne, kokettieren mit dem eigenen Ruf und gehen Konfrontationen eher nicht aus dem Weg. Auch sie haben sich mächtig daneben benommen. Das belegen diverse Bilder und Videos. Größter Skandal: die Hitler-Grüße von mindestens zwei Eintracht-Anhängern am Dienstagabend in Marseille. Doch den deutschen Fußball-Fans nun den schwarzen Peter zuschieben, wie es diverse Behörden in Frankreich in den vergangenen Tagen getan haben – ein Fehler!

Der Ursprung der Gewaltausbrüche liegt im französischen Fanproblem. Vergangene Woche waren es Nizza-Anhänger, die schon außerhalb des Stadions den Kölner-Fanmarsch angriffen und teils mit Messern auf die Fans losgingen. Am Dienstag waren es Marseille-Fans, die vor dem Stadion Busse der Eintracht-Fans mit Gegenständen bewarfen und drinnen den Frankfurter Block immer wieder mit Pyrotechnik beschossen. Es gab sogar einen Schwerverletzten.

Seit vielen Monaten scheinen die Anhänger in unserem Nachbarland im wahrsten Sinne des Wortes freizudrehen. Diverse Spielabbrüche, Massenschlägereien und viele Verletzte zeugen davon. Frankreichs Fußball ist gefangen in einer Gewaltspirale. Dass nun ausgerechnet mit Frankfurt und Köln zwei Fanszenen zu Europapokalspielen zu Gast waren, die auch keine Kinder von Traurigkeit sind, macht es nicht besser.

In Frankreich ist es zudem ein sozial-politisches Problem. Die Vorfälle ereigneten sich nicht zufällig im Süden, wo eine hohe Jugendarbeitslosigkeit vorherrscht und arabischstämmige Jugendliche oft mit Gewalttaten auffallen. Vereine und Behörden bekommen die Probleme im und rund um das Stadion schon lange nicht mehr unter Kontrolle. Die Fanarbeit hängt enorm hinterher, die Polizei scheint oft überfordert. Die Probleme sind also vielfältig und besorgniserregend. Repressionen statt Dialog sind oft das einzige Mittel in Frankreich. Der europäische Fußball könnte darunter leiden. Das zeigen die Spiele in diesen Tagen.

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