Nach 1:6 gegen Real Schalke fürchtet sich schon vor der nächsten Abreibung

Gelsenkirchen · Nach dem 1:6-Debakel gegen Real Madrid in der Champions League geht die Furcht um vor dem Duell gegen Bayern München.

CL 13/14: Schalke-Frust nach Niederlage gegen Real
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So manches, was an diesem Abend in der Nachbearbeitung der Ereignisse gesagt wird, bedarf zum Schutze der Beteiligten einer besonderen Einordnung. Da ist zum Beispiel Julian Draxler. "Kämpferisch haben wir uns nichts vorzuwerfen", verkündet der 20-Jährige, "wir sind viel gelaufen und haben alles versucht." Seine Wahrnehmungsstörung ist nur mit einem besonders ausgeprägten Grad an Enttäuschung zu entschuldigen. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Am Ende steht ein 1:6 gegen Real Madrid im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League — wenig überraschend die höchste Europapokal-Heimniederlage der Klubgeschichte für die Königsblauen. Die erschreckendste Erkenntnis der Partie ist indes, dass die Königlichen sich nicht einmal sonderlich anstrengen mussten, um die Hausherren nach allen Regeln der Kunst in kleine Häppchen zu zerlegen.

Nach zehn Minuten ging es bergab

Schalke hat sich in den vergangenen Wochen viel Selbstbewusstsein erarbeitet. In der Bundesliga ist der Klub nach vier Siegen und einem Unentschieden wieder eine große Nummer. Platz vier, auf Kurs zur erneuten Qualifikation für den internationalen Wettbewerb. Dementsprechend optimistisch wähnte man sich im Revier wenigstens in der Lage, gegen Real irgendwie mithalten zu können. Irgendwie. Zehn Minuten hielten sich auch alle tapfer an den Plan.

Doch dann ging es steil bergab, weil einige Akteure nicht in der körperlichen Verfassung waren, den Druck auf Madrid aufrecht zu erhalten. Draxler ging angeschlagen in die Partie, und das merkte man bei jedem Ballkontakt. In Ermangelung von Alternativen verzichtete Jens Keller auf eine Auswechslung. Dem bemitleidenswerten Trainer ("Man kann verlieren, aber nicht so") drängten sich weitere Wechselkandidaten auf, die nicht annähernd auf Betriebstemperatur gekommen waren.

Real Madrid machte nicht mehr, als es machen musste. Im ersten Durchgang gab Schalke völlig unnötig das Mittelfeld fast komplett auf. Kevin-Prince Boateng bekam überhaupt keinen Zugriff auf das Spiel, so liefen die Knappen fast ausschließlich dem Ball hinterher. "Ich kann den Jungs eigentlich keinen Vorwurf machen", stellt Boateng fest. "Wir haben unsere Grenzen aufgezeigt bekommen. Wir müssen das Spiel schnell abhaken." So einfach kann man es sich natürlich machen. Offenkundige Schwachstellen wird man so nicht beseitigen können. Denn bereits am Samstag (18.30 Uhr/Live-Ticker) ist Schalke zum Topspiel in München zu Gast.

Santana fällt aus

"Wir haben heute gegen die zweitbeste Mannschaft der Welt gespielt. Wir müssen also schnell unsere Lehren für die Begegnung gegen die Bayern ziehen", sagt der sichtbar zerknirschte Sportvorstand Horst Heldt. "Sonst kann das übel enden." Zu allem Überfluss fällt Verteidiger Felipe Santana (Muskelfasserriss) mehrere Wochen aus — viele sahen in dem Verteidiger die größte Schwachstelle gegen Real, eine gefährliche Verharmlosung des Gesamtproblems. Denn wie beim 0:1 waren es hochbegabte Ballverteiler wie Draxler, die den Kollegen erst in Schwierigkeiten gebracht haben. "Vieles", sagt spät am Abend der tief enttäuschte Brasilianer, "ist nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben."

Carlos Ancelotti hat auch keine Vorstellung, wie er das Rückspiel angesichts des Vorsprungs angemessen spannend verkaufen soll. Ein Reporter will wissen, warum jemand 50 Euro für eine Karte zahlen sollte, wenn doch alles entschieden sei. Der Italiener Ancelotti zuckt mit den Schultern. Dann sagt er: "Um uns zu sehen." Superstar Cristiano Ronaldo will lieber nichts zum Erfolg sagen. Der Portugiese verschwindet durch die Hintertür.

(RP)
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