Krisensitzung bei den Bayern Kostet seine Aufstellung Ancelotti den Job?

Düsseldorf/Paris · Beim Champions-League-Spiel in Paris ließ Bayern-Trainer Carlo Ancelotti etliche Stars auf der Bank schmoren. Nun muss sich der Italiener für seine ungewöhnliche Aufstellung rechtfertigen. Angeblich wird auf einer Krisensitzung über seine Zukunft beraten.

Karl-Heinz Rummenigge wurde deutlich. "Ich denke, das, was wir heute Abend gesehen haben, war nicht Bayern München", sagte der Vorstandsboss in seiner Rede beim traditionellen Bayern-Bankett, auf dem nach der 0:3-Niederlage des FC Bayern bei Paris Saint-Germain eine eisige Stimmung herrschte. "Es war eine ganz bittere Niederlage, eine Niederlage, die es zu analysieren gilt, nach der wir auch Klartext reden und Konsequenzen ziehen müssen."

Wie die "Sport Bild" berichtet, soll es noch am Donnerstag nach der Rückkehr aus Paris eine Krisensitzung beim deutschen Rekordmeister gehen. Dabei geht es angeblich um die Zukunft von Ancelotti. Im Falle einer vorzeitigen Entlassung stünde der aktuelle Co-Trainer Willy Sagnol als Übergangslösung bereit.

"FC Bayern München kassiert bei Paris St.-Germain eine deutliche Niederlage" – Pressestimmen
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Pressestimmen zum Bayern-Debakel in Paris

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Foto: dpa, jhe

Ancelotti musste sich am Mittwochabend für seine Aufstellung verteidigen. "Ich habe versucht, die beste Aufstellung zu finden. Es ist klar, dass ich dafür jetzt kritisiert werde. Aber das ist kein Problem für mich, ich stehe zu der Entscheidung", sagte der Italiener nach dem Spiel im "Sky"-Interview.

Mit seiner Startelf hatte Ancelotti für große Verblüffung gesorgt. Weltmeister Mats Hummels saß ebenso wie Franck Ribéry 90 Minuten auf der Bank. Arjen Robben wurde erst eingewechselt, als das Prestigeduell nach den Treffern von Dani Alves (2. Minute), Edinson Cavani (31.) und Neymar (63.) längst entschieden war. Jérôme Boateng zählte nicht einmal zum Kader. Er musste sogar von der Tribüne aus zuschauen. "Es stimmt, dass mit Robben, Ribéry und Hummels viele gute Spieler auf der Bank waren. Aber ich habe in jedem Spiel gute Spieler auf der Bank. So ist es in Topklubs. Gute Spieler müssen auf die Bank, das ist mein Job", sagte Ancelotti.

Der Italiener hatte ein 4-3-2-1-System ohne echte Flügelspieler aufgeboten. Davon hatte er sich eine größere Kontrolle im Mittelfeld erhofft. Doch der Plan schlug fehl. Auch, weil die Bayern — zu Beginn völlig unsortiert — sich schon nach gut einer Minute das erste Gegentor fingen. Die linke Abwehrseite des Rekordmeisters war bei dem Pariser Angriff völlig blank. "Das frühe Gegentor hat uns nicht gut getan. Danach hatten wir keine gute Balance im Spiel. Wir hatten zwar viel Ballbesitz, aber wir haben die Konter von Paris nicht kontrollieren können", sagte Ancelotti.

Die teils zu Bankdrückern degradierten Stars machten nach dem Schlusspfiff gute Miene zum bösen Spiel und verkniffen sich offene Kritik am Trainer. "Ich werde darüber nichts sagen. Da ist jedes Wort zu viel. Das Wichtigste ist, dass wir jetzt als Mannschaft zusammenhalten. Wir brauchen Ruhe. Jeder, der jetzt seine Unzufriedenheit nach außen trägt, hilft der Mannschaft nicht", sagte Robben. Wer den Ehrgeiz des Niederländers kennt, weiß, wie es in ihm gebrodelt haben muss. Die Niederlage nannte der 33-Jährige "peinlich und schmerzhaft". Hummels wollte lieber gar nichts sagen. "Das glauben Sie nicht wirklich", sagte er auf die Bitte um einen Kommentar.

"Wir hätten mutiger sein müssen"

Kapitän Thomas Müller nahm derweil die Mannschaft in die Verantwortung. "Der Trainer trifft die Entscheidungen. Wir als Mannschaft müssen auf dem Platz alles in die Waagschale werfen und die Pläne umsetzen. Deshalb stehen wir in der Verantwortung", sagte Müller. Vielmehr bemängelte er die Spielweise: "Wir hätten mutiger sein müssen. Wir waren nicht zwingend genug."

Dennoch wird es für Ancelotti zunehmend ungemütlich. Der Trainer war nach München geholt worden, um die Champions League zu gewinnen. Im vergangenen Jahr scheiterten die Bayern aber im Viertelfinale am späteren Sieger Real Madrid. Nun zeigte das teuer zusammengekaufte Starensemble von PSG dem Team auf internationaler Bühne klar die Grenzen auf. Von einer klaren Handschrift, wie sie unter Ancelottis Vorgänger Pep Guardiola zu erkennen war, ist der Rekordmeister derzeit weit entfernt. Ancelotti verlässt sich auf die individuelle Qualität seiner Spieler — umso überraschender war die Zwangspause für Ribéry und Robben.

Schon am Sonntag müssen die Bayern in der Bundesliga auswärts in Berlin gegen Hertha BSC antreten. "Da müssen wir reagieren, da müssen wir gewinnen und sonst nichts. Das ist auch das letzte Spiel vor der Länderspielpause. Wir sind schon drei Punkte hinter Dortmund", sagte Robben. Die Lage beim FC Bayern hat sich in Paris enorm zugespitzt — vor allem für Ancelotti.

(areh)
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