Nach Hinspiel-Sieg bei Tottenham Ajax erteilt „dem Weltfußball eine Lehre“

London · Ajax Amsterdam darf weiter vom ganz großen Coup in der Champions League träumen. Die internationalen Medien überschlugen sich nach dem 1:0-Sieg bei Tottenham Hotspur mit Superlativen. Einzig Trainer Erik ten Hag bremst die Euphorie.

Champions League: Ajax Amsterdam gewinnt das Halbfinal-Hinspiel - Pressestimmen
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„Ajax ist eine Freude für die Augen“

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Foto: REUTERS/DYLAN MARTINEZ

"König Johan" Cruyff hätte seine helle Freude an den "Wunderjungs" gehabt. Ajax Amsterdam wirbelt die europäische Fußball-Hierarchie weiter munter durcheinander und steht schon jetzt auf einer Stufe mit Real Madrid und dem FC Bayern - doch der umworbene Erfolgscoach Erik ten Hag bremste nach dem beeindruckenden 1:0 (1:0) seiner jungen Wilden im Halbfinal-Hinspiel der Champions League bei Tottenham Hotspur und der Fortsetzung des Ajax-Märchens die Euphorie.

Zwar schwärmte auch ten Hag von einer "unglaublichen Nacht" und einem "fantastischen Ergebnis". Aber, so fügte der 49-Jährige vor dem Rückspiel am kommenden Mittwoch in der heimischen Johan-Cruyff-Arena mahnend an: "Wir sind noch nicht durch. Wenn wir ins Finale wollen, müssen wir uns weiter steigern."

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Tottenham - Ajax: die Bilder des Spiels

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Foto: dpa/Kirsty Wigglesworth

Dass die "Wunderjungs" (AD) aber überhaupt vom Endspiel am 1. Juni in Madrid träumen dürfen, gleicht angesichts der schier übermächtigen Konkurrenz aus England, Spanien, Italien oder auch Deutschland einer Sensation. Schon jetzt sind Frenkie de Jong (21), der für 75 Millionen zum FC Barcelona wechselt, Matthijs de Ligt (19) oder Donny van de Beek (22) als Nachfolger der legendären Elf von 1995 um Frank Rijkaard, Jari Litmanen und Clarence Seedorf in aller Munde.

"Die Niederländer haben dem Weltfußball wieder eine Lehre erteilt", lobte der „Corriere della Sera“ nach de Beeks Siegtreffer (15.) überschwänglich. Die „azzetta dello Sport“ bewunderte eine weitere "Show des perfekten Orchesters. Ajax verzückt ganz Europa."

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Foto: dpa/Mike Egerton

Das junge Team setze "fröhlich fort, was es bereits in München, Turin und Madrid getan hatte: die Fußballwelt durchschütteln. Sie verspotten die Gesetze des Fußball-Kapitalismus", schrieb die Zeitung AD anerkennend. Tottenham wäre der nächste prominente Name, der "von einem phänomenalen Ajax entsorgt wird" (“Daily Telegraph“).

Immerhin gelang es Ajax, das zuletzt 1995 den begehrten Titel in der Königsklasse gewonnen hatte, alle drei Auswärtsspiele in Achtel- (4:1 bei Real Madrid), Viertel- (2:1 bei Juventus Turin) und nun Halbfinale zu gewinnen. Dies schafften in der Champions League bisher nur Bayern (2012/13) und Real (2017/18) - und beide Klubs triumphierten später. De Telegraaf sieht die Erben von Legende Cruyff deshalb schon "in einer einzigartigen Reihe" mit den beiden Topklubs.

Auch wenn "der Schlussakkord einer unglaublichen Kampagne noch immer nicht geschrieben ist" (“NRC Handelsblad“) - inzwischen glaubt selbst das unbeschwerte Ajax-Team an etwas, was vor der Saison selbst die kühnsten Optimisten nicht für möglich gehalten hatten. "Ja, Ajax ist bereit für den großen Coup", hatte der frühere Schalker Klaas-Jan Huntelaar schon vor dem Erfolg von London gesagt: "Wenn wir weiter unser Spiel so wie bisher durchziehen, wird sich dieser Traum ganz sicher erfüllen."

In der Tottenham-Arena gelang dies erneut eindrucksvoll. Ajax trat unbekümmert auf. Im Vergleich zu den großen Teams habe man "einen Vorteil", erklärte Torwart Andre Onana, "wir haben keinen Druck und können nichts verlieren".

Mit dieser Leichtigkeit des Seins übertrifft das Team von ten Hag, der von 2013 bis 2015 für die Amateure von Bayern München verantwortlich gewesen war und inzwischen bei vielen Topklubs heiß begehrt ist, alle Erwartungen. Auch in der Liga liegt Ajax als Tabellenführer und im Pokal als Finalist auf Kurs.

Noch sieht Tottenham, das zunächst Borussia Dortmund und dann im Viertelfinale Manchester City mit Pep Guardiola ausgeschaltet hatte, aber eine Chance. "Unsere zweite Halbzeit war okay. Wir liegen nur 0:1 zurück und glauben, dass wir es noch schaffen können", sagte Spurs-Trainer Mauricio Pochettino: "Wir leben noch."

(dpa/old)
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