Nach Amerell-Vorwürfen Zwanziger fordert Rehabilitierung für Kempter

Frankfurt/Main (RPO). Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat die "Akte Manfred Amerell" geschlossen und wird nicht juristisch gegen den Ex-Schiedsrichtersprecher vorgehen. Zudem macht sich DFB-Boss Theo Zwanziger für den guten Ruf von Bundesliga-Referee Michael Kempter sowie eine Reform des Schiedsrichterwesens stark. Amerell übte seinerseits erneut scharfe Kritik am DFB und sprach sogar offen über Selbstmordgedanken.

 DFB-Präsident Theo Zwanziger.

DFB-Präsident Theo Zwanziger.

Foto: AP, AP

Zwanziger erklärte vor dem Frauen-Länderspiel gegen Nordkorea in Duisburg, dass der DFB strafrechtlich gegen Amerell "nicht aktiv" wird. Sollten sich Kempter oder die vier weiteren Unparteiischen, die Amerell belastet haben, für strafrechtliche oder zivilrechtliche Mittel entscheiden, würde der DFB das "nicht behindern".

Amerell wies jegliche Vorwürfe erneut zurück. "Jeder Bundesliga-Schiedsrichter, der sich da oben reinpfeift, muss sich nicht ,reinschlafen'", sagte Amerell im Interview mit dem DSF und sprach offen über Selbstmordgedanken: "Wenn man sich Gedanken macht, ob man entsprechend behandelt wird und Gedanken, dass man sich jetzt an die Bahnsteigkante stellt - man fragt sich jeden Tag, wie das Leben weitergehen soll."

Amerell kritisierte erneut, dass er beim DFB bislang keine Akteneinsicht bekommen hat. Laut Zwanziger hat das DFB-Sportgericht den Antrag von Amerells Anwalt Jürgen Langer auf Akteneinsicht zurückgewiesen. Zwanziger begründete die Tatsache damit, dass der Fall verbandsintern abgeschlossen und Amerell von all seinen Ämtern zurückgetreten sei.

Zwanziger betonte, dass der Rücktritt von Amerell "notwendig" gewesen sei. Er sei damit einer Enthebung von seinen Ämtern zuvor gekommen. "Es ging für uns nur darum, dass es von Amerells Seite eine Pflichtverletzung gegeben hat", sagte Zwanziger. Amerell habe seine Machtfunktion missbraucht. Laut Amerell seien Entscheidungen "immer einstimmig" gefällt worden.

Zwanziger kritisierte erstmals Schiedsrichter-Boss Volker Roth, der die Vorwürfe gegenüber Amerell erst mit einen Monat Verspätung an Zwanziger weitergeleitet hatte. "Er hat Fehler gemacht. Das war nicht in Ordnung", sagte Zwanziger.

Roth soll sein Amt trotzdem bis zum DFB-Bundestag im Oktober ausüben. Als Nachfolger für Roth hat sich Zwanziger für Herbert Fandel eingesetzt. Den früheren Bundesliga- und Fifa-Schiedsichter bezeichnete Zwanziger als "Wunschkandidaten".

Zwanziger schaute auch nach vorn, dabei liegt ihm der Ruf von Kempter und den vier weiteren betreffenden Unparteiischen am Herzen. "Sie haben mutig entschieden, Vorgänge öffentlich zu machen, über die zu lange geschwiegen wurde. Schiedsrichter wie Michael Kempter verdienen unseren höchsten Respekt und ich hoffe sehr, dass er von allen Fußballfans die uneingeschränkte Unterstützung bekommt, die er verdient hat", hatte der 64-Jährige in einer DFB-Erklärung betont. FIFA-Referee Kempter ist zurzeit bis auf weiteres von Liga-Spielen freigestellt.

Als Lehre aus dem Fall Amerell will der DFB das Schiedsrichterwesen neu strukturieren. Dazu gehört eine Reform des derzeitigen Beobachtungssystems, das die Begleitung und die Bewertung eines jungen Schiedsrichters über einen langen Zeitraum durch eine einzelne Person zur Folge hat.

Zwanziger will "Abhängigkeitsverhältnissen effektiver vorbeugen". Dazu soll auch ein Vertrauensmann eingesetzt werden. "Wir wollen ein starkes Schiedsrichterwesen, in dem Fehlverhalten Einzelner nicht systematisch unter den Teppich gekehrt werden kann", sagte Zwanziger.

Fandel soll in einer Kommission mit Hellmut Krug als Vertreter der Deutschen Fußball Liga (DFL), dem für das Schiedsrichterwesen zuständigen DFB-Direktor Stefan Hans und dem Abteilungsleiter Schiedsrichterwesen, Lutz Michael Fröhlich, Änderungsvorschläge für das Schiedsrichterwesen erarbeiten.

(SID/rüb)
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