Bundesliga meidet die Türkei Bye, Bye, Belek

Düsseldorf · Im Januar 2016 fuhren noch 16 Fußball-Bundesligisten zum Wintertrainingslager in die Türkei. 2017 fährt keiner mehr.

 Die sportlichen Bedingungen sind in Belek optimal, die politischen inzwischen fragwürdig.

Die sportlichen Bedingungen sind in Belek optimal, die politischen inzwischen fragwürdig.

Foto: dpa

Günstige Hotels, gepflegte Rasenplätze, Wärmegarantie und vor allem jede Menge Testspielgegner - die türkische Riviera war jahrelang das perfekte Ziel für Fußballklubs aus ganz Europa, um sich auf die Rückrunde vorzubereiten. In Spitzenzeiten kamen jährlich bis zu 700 Teams. Anfang dieses Jahres hielten noch 16 von 36 Bundesligisten ihr Trainingslager in der Türkei ab. Doch das war einmal. In diesem Winter wird kein Profiklub anreisen. Neben Antalya war vor allem Belek als Ziel beliebt. Auch Borussia Mönchengladbach und Fortuna Düsseldorf reisten so im Januar 2016 noch in den 6500-Einwohner-Ort, der nahezu ausschließlich vom (Fußball-)Tourismus lebt.

In der Türkei herrscht große Unsicherheit: wiederholte Anschläge der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Istanbul und Ankara, der Putschversuch im Juli. Und dann am vergangenen Samstagabend das Bombenattentat im Umfeld des Stadions von Besiktas Istanbul, zu dem sich die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK bekannt hat und bei dem 38 Menschen starben.

In Gladbach betont man, dass Belek bis zuletzt das optimale Ziel für ein Wintertrainingslager gewesen sei. Klubsprecher Markus Aretz sagt: "Der Putsch in der Türkei hat uns im Sommer natürlich aufhorchen lassen, was die Sicherheitslage vor Ort betrifft. Als unsere Planung des Wintertrainingslagers konkreter wurde, hat sich dann in erster Linie gezeigt, dass keine anderen Profiteams dort hinreisen werden, so dass es nicht möglich ist, Testspiele zu organisieren." Deswegen fliegen die Borussen diesmal ins spanische Marbella - wie vier andere Bundesligisten auch. In Düsseldorf klingen die Beweggründe für ein Nein zu Belek ähnlich: "Aufgrund der angespannten und unsicheren Lage in der Türkei kam für uns ein Trainingslager in diesem Jahr dort nicht in Frage. Zudem haben wir mit Malta eine vielversprechende Möglichkeit, eine interessante Partnerschaft einzugehen", sagt Fortunas Vorstandsvorsitzender Robert Schäfer.

Die Sportagentur "Match IQ" vermittelt Trainingslager und Testspiele für alle Erstligisten (bis auf Bayern München) und den Großteil der Zweitligisten. Offiziell will sich die Agentur auf Anfrage nicht äußern. Dem Vernehmen nach haben aber alle Klubs in diesem Jahr die Türkei als mögliches Reiseziel frühzeitig ausgeschlossen. Nello di Martino, Teamkoordinator bei Hertha BSC, sagt stellvertretend: "Keiner will mehr nach Belek." Die Berliner reisen nun stattdessen nach Mallorca.

Damit sind die Hoteliers an der türkischen Riviera die Leidtragenden der politischen Lage. Über Jahre wurde in Belek ein Paradies für Fußballvereine kreiert. Der Ort wurde in ein Phantasialand für Themenhotels umgebaut. Groß, größer, Belek - nach dieser Devise schossen immer neue Luxusherbergen aus dem Boden. Regnum, Maxx Royal, Voyage oder Cornelia Diamond heißen sie, funktionieren alle nach dem All-Inclusive-Prinzip und überbieten sich mit Sportanlagen, Poolarealen und Freizeitspaß aller Art.

Bereits im Sommer klagten die türkischen Hotelbetreiber. Vor dem Putschversuch und weiteren verheerenden Anschlägen titelten diverse Zeitungen "Schwarzer Juni" in Bezug auf die gesunkenen Gästezahlen. In den ersten zwei Juni-Wochen waren rund 59 Prozent weniger Besucher angekommen - 45 Prozent weniger Deutsche, fast keine Russen. Schon Ende 2015 waren viele zahlungskräftige Touristen aus Russland weggeblieben, nachdem Präsident Wladimir Putin wegen des Abschusses eines Kampfflugzeuges Sanktionen gegen die Türkei beschlossen hatte. Die Schuldzuweisungen der Hoteliers: schlechte Außenpolitik, Terrorismus und ein schlechtes Image durch Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Den letzten Punkt unterstreicht Gertjan Verbeek, Trainer des VfL Bochum, auf seine bekannt eigenwillig-deutliche Art. "Zu Erdogan fliegen wir nicht", sagt der Niederländer: "Mit so einem will ich nichts zu tun haben." Der VfL bleibt nun daheim. Angenehmer Nebeneffekt: Er spart nach eigenen Angaben 50.000 Euro.

(RP)
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