„Keine gute Regel“ Auch Schiedsrichter Jablonski sieht Reformbedarf
Update | Wolfsburg · Einmal greift der Videoschiedsrichter ein, einmal darf er nicht. Das sorgt für Unverständnis. Bei Spielern, Verantwortlichen - und auch beim Unparteiischen. Der VfB legt Protest ein.
In Unwissenheit der Regel schaute Stuttgarts Kapitän Atakan Karazor verzweifelt in Richtung des Vierten Offiziellen. „Hilf mir“, sollte der traurige Blick des Abwehrspielers nach seiner Gelb-Roten Karte bedeuten, doch von außen konnte keine Hilfe kommen. Denn weil der Videobeweis bei einer Gelben Karte auch dann nicht zum Einsatz kommen darf, wenn daraus Gelb-Rot resultiert, konnte es keine Unterstützung für Schiedsrichter Sven Jablonski geben. Zum Leidwesen von Karazor, aber auch von Jablonski.
Der Unparteiische hätte sich in dieser Situation gerne Hilfe gewünscht. So konnte Jablonski erst nach dem Schlusspfiff und nach Ansicht der Fernsehbilder seine Fehlentscheidung einräumen. Ein Geständnis, das den Schiedsrichter ehrte, mit dem aber weder Karazor noch dem VfB Stuttgart geholfen war.
Und deswegen kündigten die Schwaben einen Tag nach dem 2:2 beim VfL Wolfsburg einen Protest an. Der Grund sei, dass ein offensichtlicher Irrtum von Jablonski vorliege und deshalb der Einspruch folgerichtig sei, hieß es in einer Vereinsmitteilung. 30 Minuten habe man in Wolfsburg auf den Leistungsträger verzichten müssen und nun „sollen wir das auch im kommenden Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim tun? Eine doppelte Bestrafung kann nicht im Sinne des Fair Play sein“, sagte Sportvorstand Fabian Wohlgemuth.
Eine Woche nach der 5:1-Gala gegen Borussia Dortmund mussten sich die Schwaben beim VfL Wolfsburg mit einem 2:2 (1:1) begnügen. Immerhin markierte Nationalstürmer Deniz Undav spät in der Nachspielzeit noch den verdienten Ausgleich.
Schiedsrichter kritisiert Regelwerk
„Mittlerweile habe ich die Bilder gesehen und muss feststellen, dass Arnold seinen Gegenspieler getroffen hat. Gelb-Rot war damit falsch, das ärgert mich sehr“, sagte Jablonski zu der Szene in der 63. Minute, die nach Ansicht von VfB-Coach Sebastian Hoeneß „so, so offensichtlich“ war.
Jablonski kritisierte nach der Partie das Regelwerk erstaunlich deutlich. „Ich würde mir auch bei Gelb-Rot wünschen, dass wir die Chance haben, zum Bildschirm zu gehen und die Szene zu prüfen“, sagte Jablonski. „Weil das schon massiven Einfluss auf das Spiel hat.“
Für Stuttgarts Sportvorstand Fabian Wohlgemuth handelte es sich ebenfalls um eine „krasse Fehlentscheidung“. Auch er plädierte für eine Anpassung des Regelwerks. „Man wird sich bei der Regel was gedacht haben. Aber wenn eine Fehlentscheidung zustande kommt, die ein Spiel derart beeinflusst, dann muss der Schiri die Chance bekommen, sich die Szene noch einmal anzugucken“, sagte Wohlgemuth. „Also ist die Regel so keine gute Regel.“
Wolfsburgs Amoura profitiert vom Videobeweis
Bei der zweiten kritischen Szene hatte Jablonski die Chance, sich das Geschehen noch einmal am TV anzuschauen. Nach einem harten Foul gegen Stuttgarts Jamie Leweling hatte der Schiedsrichter Wolfsburgs Neuzugang Mohammed Amoura schnell mit Rot vom Platz gestellt. Aber dann meldete sich der Videoassistent, Jablonski schaute sich die Szene minutenlang am Bildschirm an und nahm die Entscheidung dann zurück.
Doch auch das sorgte nach Spielschluss für Diskussionen. Während VfL-Coach Ralph Hasenhüttl hier von einer richtigen Anwendung des VAR sprach, sah Stuttgarts Trainer Hoeneß das komplett anders. „Für mich ist es keine klare Fehlentscheidung. Wenn er ihn trifft, ist das Verletzungsrisiko sehr groß. Für mich war es Rot“, sagte Hoeneß.
TV-Experte Hamann schimpft
Das sah auch Sky-Experte Dietmar Hamann so, der im Pay-TV-Sender in gewohnter Manier polterte: „Wie der Videoschiedsrichter da eingreifen kann. Das ist mir ein Rätsel. Wir sind jetzt so weit, dass wir richtige Entscheidungen zu falschen machen. Das ist nicht Sinn der Sache“, schimpfte der Ex-Nationalspieler.
„Wenn er ihn trifft, der Ball ist einen Meter weg, dann liegt er heute Abend mit Bänderriss auf dem OP-Tisch“, sagte Hamann. „Er kommt mit 100 km/h von der Seite an und hat keine Chance den Ball zu spielen. Wie der Videoassistent da den Schiedsrichter rausschicken kann, ist mir ein Rätsel.“