Kolumne Gegenpressing Darum ist die Bundesliga im internationalen Vergleich abgehängt
Meinung | Düsseldorf · Fehlende Zuschauereinnahmen, von Spannung an der Spitze keine Spur und mangelnde fußballerische Klasse. Die Bundesliga fällt im europäischen Vergleich zurück.
Seit Anfang des Jahres ist Donata Hopfen (45) Geschäftsführerin der Deutschen Fußball-Liga. Und zum Amtsantritt hat sie schon mal tüchtig gejammert. Bis zum Sommer „könnten die Verluste 1,3 Milliarden in drei (Corona-)Spielzeiten betragen“, rechnete sie vor. Die Vereine werden wohl sparen müssen.
Das Transfergeschäft im Winter hat das unterstrichen. 62,6 Millionen Euro gaben die Bundesliga-Klubs aus, 67,5 Millionen nahmen sie ein. Vorsicht bestimmte die Finanzpolitik. Selbst Manager Fredi Bobic, dessen Klub Hertha BSC mit 375 Millionen Euro des Investors Lars Windhorst tüchtig aufgerüstet wurde, stellt fest: „Der Kapitalfluss im Markt war nicht da. Jeder geht sehr sorgfältig mit seinem Geld um.“
Im Ausland ist das nicht unbedingt so. Der FC Barcelona, der ein Schuldengebirge (1,3 Milliarden Euro) vor sich her schiebt, holte sich für schlappe 55 Millionen Ferran Torres von Manchester City. Das neureiche Newcastle United pumpte 102 Millionen Euro aus dem saudischen Staatsfonds Public Investment Fund in die Beine vergleichsweise unpopulärer Spieler. Die englische Premier League schoss ohnehin wieder mal den Vogel ab. 354 Millionen Euro investierten die Briten. Dass sie nur 216 Millionen einnahmen, stört sie offenbar nicht.
Aber auch die anderen bedeutenden europäischen Ligen zogen davon. Spaniens La Liga gab 74 Millionen Euro aus, die italienische Serie A 175 Millionen, Frankreichs Ligue 1 immerhin 80 Millionen.
Während Juventus Turin für 81 Millionen Euro Dusan Vlahovic aus Florenz lockte, der damit teuerster Transfer in Europa war, belegt in der Bundesliga ein bislang wenig bekannter Mexikaner namens Ricardo Pepi den Spitzenplatz. Der FC Augsburg holte ihn für 16 Millionen Euro aus der US-Profiliga.
Das heißt: Die Bundesliga hat weiter an Attraktivität eingebüßt. Die Topstars zieht es nicht mehr nur auf die britische Insel, auch Italien, Spanien und sogar Frankreich scheinen Deutschland abzuhängen.
Jene, deren Horizont ungefähr bis zum gegnerischen Strafraum reicht, könnten das allein mit den fehlenden Einnahmen aus Tickets und Catering während der Corona-Krise erklären. Das ist buchstäblich zu billig. Längst hat die Bundesliga an Spannung und Klasse verloren. Seit 2013 wird Bayern München locker Meister, und außer dem Branchenführer sind deutsche Klubs international unsichtbar.
Die galoppierende Entfremdung zwischen Klubs und Fans macht das nicht besser. Marktführer Bayern leistete sich eine Mitgliederversammlung, in der eben diese Mitglieder von der Vereinsführung kühl abgekanzelt wurden. Der DFL fällt nicht mehr ein, als Einnahmen durch vermehrte Auslandstourneen steigern zu wollen. Die Qualität des Fußballs aber wird nicht höher, nur weil er im Ausland aufgeführt wird.
Hinzukommt ein verändertes Konsumverhalten. Der zahlungskräftige Nachwuchs bindet sich schon lange nicht mehr an die Bundesliga, er schaut als TV-Abonnent sogar zu anderen Sportarten. Und es steht überhaupt nicht fest, ob nach dem Ende der Corona-Beschränkungen das Produkt Bundesliga-Fußball so selbstverständlich die Massen anziehen wird wie ehedem.
Wenn Fans von den Klubs wie Verbraucher behandelt werden, dürfen sich die Klubs nicht wundern, wenn aufgeklärte Verbraucher die Ware nicht blind kaufen. Deshalb sind nicht 1,3 Milliarden Euro Verlust nach drei Corona-Jahren das eigentliche Problem, sondern die selbstgefällige Haltung des Fußballs. In Funktionärsreden hat er sich Demut in der Krise verordnet. Jetzt muss er Demut zeigen - und Einfallsreichtum.