Ex-Mainzer hat freie Wahl Tuchels Spiel mit der Zeit

Das Sabbatjahr von Thomas Tuchel neigt sich dem Ende zu. Dass der Trainer nach der selbst auferlegten Pause wieder eine Beschäftigung findet, ist sicher. Dabei hat der Ex-Mainzer (fast) die freie Wahl.

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Das ist Thomas Tuchel

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Foto: AP/Andy Rain

Seit dem Sommer 2014 macht Tuchel Urlaub. Unbezahlten Urlaub. So hatte es Tuchel mit dem FSV Mainz 05, bei dem er offiziell immer noch angestellt ist, vereinbart. Was Tuchel während der vergangenen Monate alles in seiner Freizeit getan hat, ist nicht bekannt. Sicher dürfte aber sein, dass der 41-Jährige viele Gespräche gefürt hat — Gespräche mit Sportdirektoren und Vereinspräsidenten.

Wo immer sich derzeit in der Bundesliga eine Trainer-Baustelle auftut, fällt der Name Tuchel. Zunächst galt er nach der Entlassung von Alexander Zorniger als Favorit auf den Posten bei RB Leipzig. Zwar nur ein Zweitligist, aber einer mit überdurchschnittlichen Ambitionen. Auch beim Hamburger SV steht der Name Tuchel ganz oben auf der Liste. Zuletzt berichtete die Stuttgarter Zeitung von einem möglichen Engagement beim VfB Stuttgart. Bei Schalke 04 war Tuchel im Herbst schon als Nachfolger von Jens Keller gehandelt worden. Und dann wäre da noch der große FC Bayern München und ein kolpotiertes Treffen mit Bayern-Coach Pep Guardiola, das für wilde Spekulationen sorgte.

Neuer Job erst im Sommer

Sicher ist, dass Tuchel vor dem Sommer keine neue Stelle antreten wird, wie er der "Bild" bestätigte. "Da gibt es unabhängig vom Klub eine formale Hürde. Ich habe mit Mainz 05 eine Vereinbarung, dass ich eine Saison lang aussetze", sagte Tuchel. "Mein großer Wunsch ist es, unbelastet im Sommer neu anzufangen." Bis dahin lässt er sich Zeit — und hält alle Trümpfe in der Hand.

Die Verantwortlichen der Vereine behalten den Namen Tuchel stets im Hinterkopf. Das zeigen jüngte Personalentscheidungen. Der Hamburger SV besetzte die Position des Retters nach dem Rauswurf von Josef Zinnbauer mit Sportdirektor Peter Knäbel. Nur ein Platzhalter für Tuchel, ist man sich in Hamburg sicher. Die Klubspitze der Hanseaten habe sich mit Tuchel schon vor Wochen zu einem Gespräch getroffen, berichtete das "Hamburger Abendblatt". Dabei soll der ehemalige Trainer des FSV Mainz 05 seine "grundsätzliche Bereitschaft" signalisiert haben, den HSV ab Sommer zu übernehmen.

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Dass der ehrgeizige Tuchel ausgerechnet auf dem Schleudersitz Platz nehmen will (zwölf Trainer und Interimstrainer in den vergangenen fünf Jahren), mutet auf den ersten Blick absurd an. Doch Tuchel, der nicht nur ehrgeizig, sondern auch ausgesprochen selbstbewusst ist, traut sich offenbar zu, den Trend beim HSV umzukehren. Mit einer möglichen Entlassung würde er sich nicht beschäftigen, "weil ich überzeugt bin, meine Ziele zu schaffen, ohne entlassen zu werden", sagte Tuchel der "Bild".

Von "eindeutigen Signalen", die Tuchel an den VfB Stuttgart ausgesandt habe, berichtete unterdessen die Stuttgarter Zeitung. Sein Interesse am VfB soll auch deshalb groß sein, weil Tuchels emotionale Beziehung zur Stadt und zum Verein "sehr eng" sei, wie die StZ schrieb. Selbst ein VfB-Absturz in die 2. Liga sei kein zwingendes Ausschlusskriterium. Nach einigen Treffen "in geheimer Mission" gebe es allerdings "im Moment" keinen Kontakt mehr. Nach Informationen des "kicker" seien die Gespräche deshalb ergebnislos geblieben, weil Tuchel sich nie habe festlegen wollen.

Bevor der begehrteste Fußballlehrer Deutschlands sich wieder bindet, sind noch einige Sachen zu klären. Was passiert im Abstiegskampf der Bundesliga? Und was im Aufstiegskampf der 2. Bundesliga? Eine lange als wahrscheinlich geltende Zukunft Tuchels bei RB Leipzig ist mittlerweile wohl vom Tisch, da die Sachsen sich kaum noch Hoffnungen auf den Aufstieg machen dürfen. Laut "Bild" bezeichnete Tuchel einen Job in der 2. Bundesliga als "schwer vorstellbar". Als Leipzig den Auftstieg noch nicht abgehakt hatte, hatte Sportdirektor Ralf Rangnick das Interesse an Tuchel offiziell bestätigt — und, vergleich mit dem HSV, in Achim Beierlorzer eine Interimslösung auf die Bank gesetzt.

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Doch Tuchels Name fällt nicht nur dort, wo sich Baustellen auftun. Selbst bei Rekordmeister Bayern München, der derzeit in Sachen Trainer nachweislich gut versorgt ist, wird Tuchel gehandelt. Seit einem Treffen mit Bayern-Coach Guardiola werden in München diverse Szenarien entworfen. Tuchel könnte als Co-Trainer unter Guardiola bei den Bayern einsteigen, um dann mittel- bis langfristig die Nachfolge des Katalanen anzutreten. Ähnlich hatte es sich beim FC Barcelona abgespielt, wo Guardiolas früherer "Co", der mittlerweile verstorbene Tito Vilanova den aktuellen Bayern-Coach beerbt hatte. Manch einer schließt selbst einen Rücktritt Guardiolas nicht aus, falls die Bayern unerwartet im Viertelfinale der Champions League gegen den FC Porto scheitern sollten.

Realistisch ist eine Bayern-Verpflichtung Tuchels aber nicht — zumindest nicht in unmittelbarer Zukunft. Dass der Familienvater, der in der Branche als DER Mann der Zukunft gilt, irgendwann einmal auf der Bank des Branchenprimus sitzen wird, daran zweifelt indes kaum jemand.

Was die nahe Zukunft angeht, so hat laut "kicker" derzeit der HSV die Nase im Tuchel-Rennen vorn. Die Entscheidung wird jedoch erst auf der Zielgeraden fallen. Bis dahin wird Tuchel sich alle Optionen offenhalten. Wer weiß, wo sich bis zum Sommer noch eine Baustelle auftut...

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