Königsblau zieht alle Register Schalkes verzweifelter Kampf um Neuer

Düsseldorf (RPO). Eigentlich ist längst alles klar, Manuel Neuer verlässt Schalke 04 und wechselt zum FC Bayern. In München geht man davon aus, dass der Torwart zur kommenden Saison wechselt, doch nach dem Pokalsieg wittert Schalke im Transfer-Poker Morgenluft, bringt sogar Waldimir Putin ins Spiel und will den Wechsel stoppen.

DFB-Pokal-Feier: Zuschauer ohrfeigt Manuel Neuer
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Die Aussichten auf eine Zukunft mit Neuer auf Schalke sind freilich gering, schließlich hat der Nationaltorhüter bereits Einigkeit mit den Bayern erzielt und seinen Schritt auch schon auf einer emotionalen Pressekonferenz vor vier Wochen begründet. Unwahrscheinlich, dass Neuer noch einmal in sich geht und zu dem Entschluss kommt, dass es nun doch nicht mehr wichtig ist, in eine andere andere Stadt zu ziehen und "noch mehr auf eigenen Beinen zu stehen", wie er damals sagte. Der Schlussmann würde ein Stück seiner Glaubwürdigkeit verlieren.

Kein Vollzug nach Pokalsieg

Der Vollzug des Transfers war von fast allen Experten nach dem Pokalfinale als Saisonabschluss der Schalker erwartet worden. Als Ablösesumme für Neuer, der in München einen Vier-Jahres-Vertrag erhalten soll, wurden inklusive aller Sonderzahlungen rund 25 Millionen Euro als Ablöse ausgehandelt. Sportdirektor Horst Heldt bestätigte bereits, dass ein Münchner Angebot vorliege und "nicht mehr nachverhandelt" werde. Doch auf Schalke ziehen die Verantwortlichen im Kampf um Neuer nun alle Register.

"Der Verein hat noch keine Entscheidung bekannt gegeben. Ich habe keine Ahnung, wann sie fällt. Ich kann nicht sagen, wann etwas vermeldet wird, weil ich nicht in der Position bin. Ich habe keine Informationen, ich warte auch darauf", sagte Neuer direkt nach dem 5:0 über den MSV Duisburg in Berlin. Doch auf eine Verkündung am Wochenende wartete Neuer vergebens.

Im Gegenteil: Aufsichtsratschef Clemens Tönnies kämpfte auf der Pokalsieger-Party sehr engagiert um einen Verbleib von Neuer in Gelsenkirchen. Zu vorgerückter Stunde schnappte sich Tönnies ein Mikrofon und sang den Westernhagen-Evergreen "Sexy". Beim Refrain angekommen, zog er Nauer auf die Bühne und feierte ihn, während er die Zeile: "Sexy — würde alles für dich tun..." gröhlte.

Neues Angebot für Neuer

Anschließend verzogen sich die beiden ans Spreeufer, wo der Fleisch-Großunternehmer laut "Bild" einen letzten Versuch unternahm, Neuer umzustimmen. Dem Bericht zufolge soll er dem 25-Jährigen sogar einen neuen Vier-Jahres-Vertrag angeboten haben, der ihm jährlich sieben Millionen Euro Gehalt einbringen würde. "Ich will Manuel den Bayern noch aus dem Rachen reißen", wird der 54-Jährige zitiert. Das Angebot verstärkte der Schalke-Boss mit der Ankündigung, die Mannschaft so zu verstärken, dass sie auf Dauer in der Champions League konkurrenzfähig bleiben soll.

Schalke hat durch einen neuen Vertrag mit seinem russischen Hauptsponsor Gazprom offenbar größeren finanziellen Spielraum erhalten. Tönnies sagte zu seinen Vertragsverhandlungen in Russland: "Ich kann nur sagen, dass der Ministerpräsident ein großer Fan von Manuel Neuer ist und auch Gazprom ein großes Interesse hat, ihn zu halten."

Taktik, Verabschiedung und eine Ohrfeige

Nun soll also Wladimir Putin dafür sorgen, dass Neuer Schalker bleibt — als außenstehender Beobachter des Neuer-Spektakels könnte man zu dem Schluss kommen, dass das Schalker Verhalten wohl nur dazu dient, den Preis weiter nach oben zu treiben. Doch wenn die Klubs bereits erfolgreich miteinander verhandelt haben, bleibt die Frage: Was soll das Ganze überhaupt? Den Schalke-Fans wird so noch einmal eindringlich signalisiert, alles dafür getan zu haben, Neuer zu halten. Angst vor Vorwürfen brauchen die Verantwortlichen jedenfalls nicht zu haben.

Am kommenden Montag nun wollen Tönnies und seine Aufsichtsrats-Kollegen abschließend beraten, ob Schalke sich angesichts seiner hohen Verbindlichkeiten einen Verzicht auf die Millionen-Ablöse tatsächlich leisten kann oder vielleicht auch nur leisten will.

In München gehen die Verantwortlichen weiterhin nicht davon aus, dass Tönnies, Heldt, Trainer Ralf Rangnick, der zuletzt schon in Hoffenheim Luiz Gustavo an den Rekordmeister verlor und nach dem Spiel die Hoffnung auf den Verbleib des Keepers auf Schalke äußerte, oder sogar Putin den Nationaltorwart in Gelsenkirchen halten. Auch die Qualifikation der Schalker für die wenig attraktive Europa League dürfte kaum ein Argument sein, da Neuers Ziel die Champions League ist und auch sein muss.

Demnach wäre Neuers Auftritt in Berlin doch sein vorerst letzter im Schalke-Trikot gewesen. Dabei wollte Rangnick diesen Eindruck eben nicht erwecken und verzichtete deswegen auf eine Einwechslung von Ersatz-Torhüter Schober. Schade für den treuen Ersatzmann. Schade für die scheidende Nummer eins, die bei der Jubelfeier in Gelsenkirchen eine andere Verabschiedung von seinem Klub in Erinnerung behalten wird — eine schallende Ohrfeige eines Zuschauers. Doch dieser Schmerz wird wohl kaum heftiger als der Kater nach dem rauschenden Fest sein, und Neuer wird trotzdem immer Schalker bleiben. Auch wenn er künftig in München spielen wird.

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