Streit wegen Tickethändler Schalke-Fans fühlen sich abgezockt

Gelsenkirchen · Bei der Jahreshauptversammlung der Königsblauen geht es turbulent zu. Ein Teil der Anhängerschaft ist erbost über einen abgeschlossenen Vertrag mit einem Tickethändler und rebelliert. Aufsichtsratschef Clemens Tönnies: "Das tut mir weh."

Bundesliga 13/14: Brisante Jahreshauptversammlung auf Schalke
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Bundesliga 13/14: Brisante Jahreshauptversammlung auf Schalke

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An diesem Tag in der Arena auf Schalke kann man viel lernen über den Fußballklub Gelsenkirchen von 1904. Es wird gefeiert und geschunkelt, geredet und gepöbelt. Es ist die Jahreshauptversammlung des Bundesligisten. Mehr als 9000 Mitglieder sind in das Stadion gepilgert, so viel wie noch nie in der Historie des Vereins. Ein siebenstündiges Spektakel zwischen Klamauk und Tragödie. Am Ende tritt Clemens Tönnies angemessen zerknirscht vor die Kameras und sagt: "Ich werde dafür kämpfen, dass die Gräben, die sich derzeit zwischen uns auftun, zugeschüttet werden. Und wenn ich dafür den größten Bulldozer der Welt anschaffen muss. Es kann ja nicht sein, dass wir uns hier gegenseitig zerfleischen. Wenn unsere Nachbarn im Revier das sehen, dann lachen die sich doch über uns kaputt."

Tönnies wurde mit 4496 (78 Prozent) von 5725 abgegebenen Stimmen wieder in den Aufsichtsrat gewählt und danach bei eigener Enthaltung einstimmig in seiner Funktion als Chef des Gremiums bestätigt. Kein dolles Ergebnis. Es war einer Tagesordnung geschuldet, bei der sich alles um ein Thema drehte. Schalke hat einen Vertrag mit dem Tickethändler "viagogo" geschlossen — der Deal bringt dem Klub bei einer Laufzeit von drei Jahren 3,6 Millionen Euro ein. "Mal eben auf so viel Geld zu verzichten — nun gut, so dicke hat es der FC Schalke 04 nun auch nicht", befindet Marketingvorstand Alexander Jobst, früher beim Weltverband Fifa tätig.

Fans reden von Abzocke

Die Fans sehen das anders. Es ist die Rede von Verrat, Abzocke, dem Ausverkauf der blau-weißen Seele. Das Internetportal bekommt drei Jahre lang jeweils 3000 Karten für die Heimspiele und darf die Tickets mit maximal 100 Prozent Aufschlag veräußern — Befürworter sprechen von einer maßvollen Lösung, Kritiker wie die Fan-Initiative "viaNOgo" sehen in der Zusammenarbeit die Legalisierung des Schwarzmarkts. Jobst verspricht, "genauestens darauf zu schauen, ob die Regeln des Vertrags eingehalten werden". Die Anhängerschaft will daran nicht so recht glauben.

Der Zorn der Basis zeigt eindrucksvoll, wie weit mitunter im modernen Fußball Vorstellungen von Management und einem Teil der Kundschaft auseinanderliegen — gerade bei einem Klub wie Schalke 04, der sich so sehr über Tradition definiert. Aufsichtsratsboss Tönnies spricht zunächst etwas trotzig "von Klagen auf hohem Nivau". Etwas abgekühlt sagt er: "Wir haben Prügel bekommen, wie ich sie in 19 Jahren noch nie erlebt habe. Wenn man diese Versammlung erlebt, könnte man meinen: jeder gegen jeden. Das tut mir weh. Wenn wir so weitermachen, werden wir viel Kraft verlieren in dem so wichtigen Kampf um die oberen Plätze in der Bundesliga."

Für Horst Heldt ist es ein angenehmer Auftritt. Er hat in den vergangenen Monaten gewiss nicht alles richtig gemacht, doch irgendwelche Details interessieren die Masse in der aufgeheizten Atmosphäre nicht wirklich. "Habt ihr Bock, über Fußball zu reden?", fragt der Sportvorstand, und die Menge ist dankbar, dass es endlich ein wenig harmonisch wird. Irgendwie hat es eben mit Huub Stevens nicht mehr als Trainer geklappt, findet Heldt. Jens Keller als Nachfolger sei "genau die richtige Wahl" gewesen. Unter anderen Umständen hätte er diese Einschätzung vermutlich etwas detaillierter erklären müssen.

Clemens Tönnies liefert dann doch noch einen Beitrag zur Versöhnung. Der Fleischfabrikant aus Gütersloh verkündet stolz, dass Julian Draxler trotz Angeboten von Branchenriesen wie Real Madrid oder Manchester City weiter "auf Schalke" spielen werde. "Jule hat mir gesagt, dass er bei uns bleibt, obwohl er woanders 50 Millionen Euro verdienen kann. Das ist Schalke." Glück auf.

(RP)
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