FC Bayern oder RB Leipzig Der Feind meines Feindes ist auch doof – nur anders

Meinung · Wer nicht will, dass der FC Bayern Meister und Pokalsieger wird, könnte in den kommenden Wochen zweimal Leipzig die Daumen drücken. Ein Dilemma, vor dem Fußballfans künftig öfter stehen werden. Doch wie damit umgehen?

 Leipzig spielt noch zweimal gegen die Bayern.

Leipzig spielt noch zweimal gegen die Bayern.

Foto: AP/Jens Meyer

Fußball-Deutschland kann man es aber auch einfach nicht recht machen. Da ist der Kampf um die deutsche Meisterschaft in dieser Spielzeit endlich einmal bis zum Schluss spannend, und auch im DFB-Pokalfinale ist der FC Bayern München zwar wieder dabei, aber längst nicht der haushohe Favorit. Und doch stecken Stammtische hier und da in einem Dilemma mit Ansage. Denn so sehr sich die Nation außerhalb des bajuwarischen Einflussgebietes auch wünschen mag, dass die Bayern mal einen Titel nicht holen, so schwer fällt es ihr in letzter Konsequenz, denen die Daumen zu drücken, die das Double verhindern wollen. Denn die heißen RB Leipzig. Und die sind in der Logik der fußballerischen Schwarz-Weiß-Malerei böse.

Nun galt oft genug in der Menschheitsgeschichte: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Doch der Fußball geht den Weg nicht weiter. Nicht an dieser Stelle. In Leipzigs Fall ist der Feind meines Feindes nicht mein Freund, sondern auch doof – nur anders. Leipzig zum Freund will kein Fan haben, der das Fansein nur toleriert, wenn das Herz an einem Traditionsverein hängt. Was ein Traditionsverein ist, ist nicht abschließend geklärt. Fest steht für viele nur: Leipzig ist das Gegenteil davon. Mehr noch als Hoffenheim, obwohl die dort ja auch böse sind. Wolfsburg war auch mal böse, ist aber inzwischen vielen egal. Leipzig ist im Deutungs-Kosmos der Fankultur Böse ohne Widerrede. Der Untergang des Abendlandes. Und diesem Leipzig, das eben am vorletzten Spieltag der Bundesliga und im Pokalfinale von Berlin auf die Bayern trifft, soll man jetzt die Daumen drücken? Das geht vielen dann doch zu weit.

In der Fußballbranche, in der bei vielen Beteiligten der Zweck so oft so viele Mittel heiligt, und in der das Zurechtbiegen der Realität inzwischen Volkssport auf den Rängen ist, taugt Leipzig nicht mal zum weißen Ritter auf Zeit. Jeder Erstligist darf sich großflächiger Sympathien sicher sein, wenn er den Bayern die Lederhosen auszieht. Bei Leipzig ist das anders. Die dürften gar nicht an der Lederhose ziehen, die dürften gar nicht existieren, finden viele Fans. Sind ja gar kein richtiger Verein, schon gar keiner mit Tradition.

Das Dilemma, vor dem mancher Fan, im Mai zweimal und in den kommenden Jahren bestimmt noch öfter stehen dürfte, lautet also: Darf man aus einem Sieg der Leipziger die Genugtuung ziehen, dass die Bayern dadurch eine Meisterschaft verpassen oder ein Pokalfinale verlieren? Heiligt auch in dieser Frage der Zweck die Mittel? Oder eben in diesem Fall nicht? Weil die Bayern zwar auch ob ihres Dauererfolges bei vielen unbeliebt sind, aber immerhin ja noch ein unbeliebter Traditionsverein.

Wer im Fall Leipzig in der Argumentation statt Schwarz und Weiß ein Grau in der Argumentation versucht, findet sich bildlich schnell in der Szene aus Monty Pythons „Das Leben des Brian“ wieder, in der der Sprecher gesteinigt wird, just nachdem er gesagt hat: „Alles herhören: Niemand hat irgend jemanden zu steinigen, bevor ich nicht diese Pfeife geblasen habe. Habt ihr verstanden? Selbst wenn, und ich möchte, dass das absolut klar ist, selbst wenn irgend jemand Jehova sagt.“

Jehova.

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