Gnadenloser Konkurrenzkampf Pep Guardiola stellt die Bayern auf den Kopf
München/Düsseldorf · Der Spanier hat in Thiago seinen Wunschspieler fürs Mittelfeld bekommen – dem Rekordmeister aus München steht damit ein gnadenloser Konkurrenzkampf um die Positionen bevor. Der Trainer verweist auf die Mehrfachbelastung.
Der Spanier hat in Thiago seinen Wunschspieler fürs Mittelfeld bekommen — dem Rekordmeister aus München steht damit ein gnadenloser Konkurrenzkampf um die Positionen bevor. Der Trainer verweist auf die Mehrfachbelastung.
Alle dachten, Josep Guardiola mache einen Witz. Deshalb war das Gelächter laut, als der Mann, den alle nur "Pep" nennen, über seine taktischen Visionen plauderte. "Mario Mandzukic — vielleicht Innenverteidiger? Er ist groß und kann die Bälle gut wegköpfen." Nach den ersten Testspielen unter dem neuen Trainer, mit dem gerne gebrauchten Zusatz Star, erscheint vieles plötzlich durchaus realistisch — auch wenn Mandzukic bislang ausschließlich in der zentralen Offensive wirken durfte. Philipp Lahm konnte zum Beispiel schon mal einen Ausflug wagen und sich im Mittelfeld versuchen. Alles ganz genau beobachtet von Guardiola. Der Trainer fuchtelt immer besonders engagiert herum, rennt zu einem auserwählten Akteur und doziert vor ihm über seine Vorstellungen des Spielbetriebs. Das alles ist für viele offenbar sehr verwirrend. Franck Ribéry stellte jedenfalls am Ende eines Arbeitstages verwirrt fest: "Vieles ist echt komisch."
Es ist mal wieder einer beim FC Bayern München am Werk, der alles irgendwie anders macht als seine Vorgänger. Zumindest wird es so inszeniert. Er hat zwar noch keine Buddha-Statuen aufstellen lassen, wie sein Vor-Vor-Vorgänger Jürgen Klinsmann bei dessen Kurzeinsatz an der Säbener Straße in der Saison 2008/2009, ansonsten hat Guardiola fast keinen Stein auf dem anderen gelassen. Bei der Auswahl des Personals hat sich der Spanier ganz demütig gezeigt und vertraut auf jenen Kader, mit dem der Mönchengladbacher Jupp Heynckes das historische Triple in die bajuwarische Hauptstadt holte. Nur einen klitzekleinen Wunsch äußerte er: "Thiago oder nix!" Die Bayern-Verantwortlichen erfüllten ihm den Einkauf. Mit der Verpflichtung von Thiago Alcántara wird der Kampf um einen Platz im Mittelfeld weiter kräftig angeheizt.
Guardiola fand bei Bayern München bislang alles "super". So "super", dass er sich gleich einen neuen Mittelfeldregisseur für rund 25 Millionen Euro ausgesucht hat. Immerhin muss er dem 22-Jährigen nicht lange erklären, welche Art von Fußball er spielen lassen will. Thiago galt als das Supertalent beim FC Barcelona. Er wurde in der berühmten Fußballschule La Masia ausgebildet. Jetzt soll er bei der praktischen Umsetzung helfen, diese Idee vom Spiel auch nach München zu transportieren.
Die arrivierten Arbeitskräfte haben schnell verstanden, was auf sie zukommt. "So hart wie nie", umschreibt Thomas Müller den internen Wettstreit. Toni Kroos, derjenige, den man derzeit am weitesten von einem festen Platz in Guardiolas neuem FC Bayern sieht, zeigt sich gelassen. "Theater? In so einer Mannschaft mit so viel Qualität mussten schon in der letzten Saison sehr, sehr gute Spieler auf der Bank sitzen", sagt er. Gegen Thiago hat Kroos naturgemäß erst mal nichts einzuwenden. "Unterbringen muss ihn ja der Trainer. Ich glaube, er ist ein sehr guter Fußballer, und gute Fußballer sind immer willkommen", betont der Nationalspieler. Und Guardiola hatte bereits in der vergangenen Woche im Trainingslager versichert, es werde keine Probleme mit dem Kader geben. "Wir haben sechs Wettbewerbe zu spielen, wir brauchen die ganze Mannschaft", sagte er.
Dennoch wird schon wild darüber spekuliert, wie die hochbegabten Kräfte eingesetzt werden können, ohne die Lust am Beruf zu verlieren. Alle wollen spielen, einige werden das nicht auf ihren Wunschpositionen tun. Javier Martínez zum Beispiel könnte von der Doppel-Sechs neben Bastian Schweinsteiger in die Innenverteidigung rutschen. Alcántara kann nach Einschätzung von Guardiola "auf der Sechs, der Acht, der Zehn, der Elf und der Sieben" spielen. Müller und Mario Götze könnten auch eine falsche Neun spielen — eine Spielvari-ante mit einer Spitze, die sich ins Mittelfeld zurückfallen lässt und so die gegnerische Defensive weiter nach vorne ziehen soll. Mandzukic und Claudia Pizarro wären in diesem System die Leidtragenden.
"Wenn alle Spieler gesund sind, haben wir ein paar schwierige Entscheidungen zu treffen", sagt Sportvorstand Matthias Sammer. Franck Ribéry, Arjen Robben, Xherdan Shaqiri, Bastian Schweinsteiger, Kroos und Müller — alle wollen spielen, nur wo und wie viel ist die Frage.