Bayern nun zwei Punkte hinter Dortmund Olic: "Das reicht nicht zum Titel"

Hamburg · Die Eruption blieb noch aus, aber unter der Oberfläche brodelt es gewaltig: Beim deutschen Rekordmeister und entthronten Tabellenführer Bayern München wächst nach dem 1:1 (0:1) beim Hamburger SV der Druck.

Bundesliga 11/12: Hamburg - München
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Uli Hoeneß flüchtete wortlos und mit hochrotem Kopf zum Bus, Sportdirektor Christian Nerlinger war einsilbig wie selten und die Profis rangen ratlos um Erklärungen: Nach dem jähen Sturz von der Tabellenspitze fiel man beim deutschen Rekordmeister Bayern München in der eiskalten Hamburger WM-Arena am Volkspark fast ein wenig in Schockstarre.

"Jetzt haben wir Druck"

"Jetzt haben wir Druck", zischte Nerlinger nach dem 1:1 (0:1) beim Hamburger SV im Vorübergehen, auch Nationalspieler Thomas Müller fasste sich eher kurz: "Das Remis ärgert mich immens. Es ist besser, wenn ich jetzt erstmal in die Kabine gehe." "Ich bin sicher, dass das nicht reicht zum Titel", warnte Torschütze Ivica Olic.

Mehr als 21 Jahre ist es her, dass Trainer Jupp Heynckes einen nationalen Titel holte. In der derzeitigen Verfassung der Bayern dürfte es wohl auch im 22. Jahr mit der Meisterschaft schwierig werden. "Wir können nicht zufrieden sein, hier sind die Ansprüche größer und extremer", sagte Heynckes, "man muss Dinge auch erzwingen".

Zwei Punkte hinter Dortmund

Nach nur vier Punkten aus den ersten drei Spielen nach der Winterpause blieb eine Eruption bei den Gästen zwar noch aus, aber unter der Oberfläche brodelte es gewaltig. Denn während Nerlinger noch euphemistisch beschwichtigte - "Kein optimaler Start in die Rückrunde" - wurden die Spieler angesichts eines Rückstands von zwei Punkten auf Titelverteidiger Borussia Dortmund deutlicher. "Die Tabellenführung zu verlieren, ist immer enttäuschend. Wir sind einfach noch nicht auf dem Niveau, auf dem wir sein müssen", klagte Arjen Robben, der wie auch Franck Ribery die gut gestaffelte HSV-Abwehr nicht entscheidend knacken konnte.

Heynckes suchte nach Entschuldigungen für den fehlenden Rhythmus:
Robben und Ribery hätten die Woche zuvor verletzungsbedingt wenig trainiert, Bastian Schweinsteiger sogar die ganze Vorbereitung verpasst. Zudem hätte der HSV "intelligent und kompakt verteidigt". In der momentanen Form ist auch das Pokalviertelfinale am Mittwoch in Stuttgart für den FC Bayern kein Selbstläufer.

Dabei war die Ballzirkulation bei den Münchnern durchaus ansehnlich, fand jedoch an der Strafraumgrenze fast immer ein abruptes Ende. Letztlich musste ein klassisches Abstaubertor des Ex-Hamburgers Ivica Olic (71.) dafür herhalten, einen totalen Fehlstart zu vermeiden. Zum dringend benötigten Sieg reichte es nicht mehr, "weil uns etwas die Selbstsicherheit fehlt", wie Trainer Jupp Heynckes kritisch anmerkte.

"Wir brauchen einen souveränen Sieg"

Die bajuwarische Unzufriedenheit war mit Händen zu greifen, umso wichtiger wäre für die Bayern ein Pokalerfolg am Mittwoch beim VfB Stuttgart, für Robben der mögliche Schlüssel für die Wende zum Besseren. "Wir brauchen einfach nur mal wieder einen souveränen Sieg, das würde uns befreien", meinte der Niederländer.

Ein Heimsieg gegen den FC Bayern hätte wohl den HSV von allen Abstiegsnöten befreit, dennoch sind die Hanseaten aus dem Gröbsten heraus und dürfen vorsichtig auf die erste Tabellenhälfte schielen. "Wir kapieren endlich, zu was wir in der Lage sind", analysierte Nationalspieler Dennis Aogo, dem es gelang, den pfeilschnellen Robben weitgehend zu neutralisieren. Der 25-Jährige stach damit sogar Bayerns Linksverteidiger Philipp Lahm aus, der in der 23. Minute Jacopo Sala kurz aus den Augen verlor. Was der lange verletzte Italiener zu seinem ersten Bundesligator nutzte.

Fink lobt seinen HSV

Und Trainer Thorsten Fink damit die Möglichkeit gab, schon den Blick auf das kommende Wochenende zu richten. "Mit einem Sieg in Köln würden wir endgültig ins Mittelfeld aufrücken und hätten ein wichtiges Zwischenziel erreicht", sagte der Coach, der mit dem Unentschieden den 2500. Punkt der HSV-Bundesligageschichte einfuhr: "Mir hat besonders gefallen, dass die Mannschaft nach dem 1:1 wieder nach vorne gespielt hat und unbedingt gewinnen wollte."

Kapitän Heiko Westermann hatte sogar "von der Leidenschaft her das beste Spiel der Saison" erkannt und ging dabei selbst auf dem Spielfeld mit positivem Beispiel voran. 78 Prozent seiner Zweikämpfe gewann der Innenverteidiger, den die 1:5-Schlappe vor zwei Wochen gegen Meister Borussia Dortmund mächtig gewurmt hatte. Und auch Fink fühlte sich bestätigt: "Wir haben seit diesem Spiel im Training ganz speziell an unserem Defensivverhalten gearbeitet und diesmal intelligent verteidigt."

(sid/dpa)
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