"Spieler waren verrückt danach" Neururer: Doping im Fußball gang und gäbe

Gelsenkirchen (RPO). Der ehemalige Bundesliga-Coach Peter Neururer hat Doping im Fußball Ende der 80er Jahre als "gang und gäbe" bezeichnet. "Es ist mir bekannt, dass früher Captagon genommen worden ist. Viele Spieler waren verrückt danach", sagte Neururer.

 Peter Neururer klagt frühere Fußballer des Dopings an.

Peter Neururer klagt frühere Fußballer des Dopings an.

Foto: AP, AP

Dies erklärte der Ex-Coach gegenüber der Sport Bild: "Das war überall bekannt und wurde praktiziert. Bis zu 50 Prozent haben das konsumiert. Nicht nur in der zweiten Liga."

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) reagierte umgehend auf die Vorwürfe. "Wir haben einen Brief an Herrn Neururer geschrieben und ihn freundlich gebeten, Namen und Fakten zu nennen", erklärte DFB-Mediendirektor Harald Stenger.

Schalkes Manager Andreas Müller sprach derweil von "einer absoluten Sauerei". Wenn Neururer was wisse, soll er Ross und Reiter nennen, so Müller gegenüber dem sid: "Da macht sich einer wichtig. Für mich kann ich total ausschließen, das bei mir so etwas passiert ist. Ich kann aber nicht beurteilen, was bei anderen war."

Neururer, der im November 1990 als Tabellenzweiter beim damaligen Zweitligisten Schalke entlassen worden war, sprach auch von anderen leistungsfördernden Mitteln. "Es gab auch andere Mittel: alle Ephedrine, die auch von den Radfahrern geschluckt werden. Das sind die Asthmamittel. Plötzlich hatte jeder Asthma, um das nehmen zu dürfen. Auch im Nasenspray sind zu 90 Prozent Ephedrine."

Lehmann: "Einige haben wohl Captagon geschluckt"

Auch dem damaligen Schalker Masseur Gerard Kuipers ist "das ein oder andere aufgefallen. Die Spieler waren hochmotiviert und sind gerannt wie wahnsinnig", sagte Kuipers, der von 1968 bis 1999 Bundesliga-Profis beim MSV Duisburg und Schalke betreute, dem sid: "Da habe ich schon gefragt: Junge, wo hast du die Kraft her? Ich weiß nicht, ob das an Captagon lag."

Der damalige S04-Präsident Günter Eichberg will von Doping nichts mitbekommen haben. "Mir ist nichts aufgefallen, ich habe nichts davon gehört, niemand hat darüber gesprochen", sagte der einstige "Sonnenkönig" dem sid: "Aber als Präsident kriegt man das ja nicht mit. Das Zeug kann sich jeder selbst besorgen und einschmeißen."

Zur damaligen Zweitliga-Mannschaft der Königsblauen gehörte auch Jens Lehmann. Der heutige Nationaltorwart vom FC Arsenal hatte in der Sport Bild ebenfalls über Doping im Fußball berichtet: "Als ich angefangen habe, mit 17 oder 18 Jahren, da habe ich so etwas gehört. Einige haben wohl, um spielen zu können, Captagon geschluckt." Im Team stand auch der heutige Schalke-Manager Andreas Müller, von dem zunächst keine Stellungnahme zu erhalten war.

Captagon stand bereits in den Achtziger Jahren auf der Dopingliste. Seit 1988 wurden Dopingkontrollen in der ersten und zweiten Bundesliga durchgeführt.

(sid)
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