"Dr. Feelgood" wird 70 Müller-Wohlfahrt sieht "mit den Fingern"

München · Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt feiert am Sonntag (12. August) seinen 70. Geburtstag. Der prominente Orthopäde, Mannschaftsarzt bei Bayern München und der Nationalmannschaft, hat aber immer noch keine Lust auf den Ruhestand.

Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt: Sport-Doc mit Wallemähne
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Das ist Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt

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Foto: afp, agz/VL/dg

Die 100 Meter ist er früher in elf Sekunden gelaufen. Ganz so schnell wie sein Patient Usain Bolt ist Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt zwar nicht mehr unterwegs. Doch es sieht schon sehr sportlich und jugendlich aus, wenn der Orthopäde mit wehendem Haar über den Rasen sprintet, um sich der verletzten Fußball-Stars anzunehmen. Dabei feiert der Mannschaftsarzt von Bayern München und der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Sonntag (12. August) seinen 70. Geburtstag.

In einem Alter, in dem für die meisten längst der Ruhestand begonnen hat, ist Müller-Wohlfahrt immer noch aktiv. Weiterhin gilt der Arzt aus München als Institution, als Guru der Prominenz. Sogar Supersprinter Bolt, der Doppel-Olympiasieger von London, bedankte sich nach seinem Sieg über 100 Meter ausdrücklich beim "Doc".

Ein großer Mann

"Er ist ein großer Mann. Er hat meine Muskeln behandelt, aber er war mehr als ein Arzt für mich", sagte der Jamaikaner und fügte an: "Er hat eine sehr wichtige Rolle gespielt." Die spielt und spielte Müller-Wohlfahrt aber nicht nur bei Bolt. In der Praxis in der Münchner Innenstadt geben sich Stars aus allen Bereichen des Lebens die Klinke in die Hand. Da taucht dann schon einmal spontan ein Bruce Springsteen auf, weil seine Konzerttournee wegen akuter Rückenprobleme in Gefahr ist.

Warum so viele Menschen dem in Leerhafe in Ostfriesland geborenen Pastorensohn vertrauen, verdeutlicht Tennisspielerin Andrea Petkovic: "Er hat goldene Hände". Rekordnationalspieler Lothar Matthäus sprach einst von "Radarfingern". Boris Becker ergänzte, dass "Mull", wie er meist genannt wird, "ein seelisches Wannenbad" sei, ein "Dr. Feelgood" (Sunday Times) eben.

Er selbst beschreibt sein Erfolgsrezept folgendermaßen. "Ich tauche quasi in den Muskel ein", sagte er unlängst dem SZ-Magazin: "Ja, ich sehe mit den Fingern - so erkläre ich es manchmal den Patienten. Das ist, als ob Sie ein Anatomiebuch aufschlagen - ich 'sehe' die Muskeln einzeln und übereinander, nebeneinander." Woher er diese besonderen Fähigkeiten habe, wisse er nicht: "Ich meine, ich habe sie mir erworben. Durch tägliches Üben, Üben, Üben. Wie ein Pianist oder ein Violinist."

Auch wenn er seiner Familie gegenüber angesichts seines außergewöhnlichen Engagements "ein etwas schlechtes Gewissen" habe - zur Ruhe setzen will sich Müller-Wohlfahrt auch mit 70 noch nicht. "Diese Aufgabe ist für mich eine Berufung, das ist mein Lebensinhalt. So lange ich Menschen helfen kann, werde ich das tun", sagte er dem SID.

Eine besondere Beziehung pflegt er dabei zum FC Bayern, der ihn 1976 von Hertha BSC geholt hat. "Dem FC Bayern habe ich im Prinzip alles zu verdanken. Der Verein hat mir die Möglichkeit gegeben, im Spitzensport zu arbeiten, mich zu etablieren und mir einen Namen zu machen", betonte er.

Nur Jürgen Klinsmann meinte in seiner Amtszeit als Trainer des Rekordmeisters auf die Dienste des wohl berühmtesten Sportmediziners in Deutschland verzichten zu können. Die Entscheidung wurde aber mit dem Rauswurf von Klinsmann schnell wieder rückgängig gemacht. Präsident Uli Hoeneß setzte sich persönlich dafür ein.

Seitdem sprintet Müller-Wohlfahrt wieder wie gewohnt über den Rasen, wenn sich einer der Bayern-Profis am Boden krümmt.

(sid)
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