Rekordtransfer in der Bundesliga Martinez kam um Mitternacht

Düsseldorf · Der FC Bayern hat seinen Königstransfer für diese Saison bestätigt. Javi Martinez hat die ärztliche Untersuchung hinter sich gebracht, gestern bestätigte der Klub den Transfer. 40 Millionen Euro sind als Ablösesumme an Athletic Bilbao fällig.

Bundesliga 12/13: Martinez beim Medizincheck in München
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Der FC Bayern München hat in der unterhaltsamen Geschichte um die Verpflichtung des spanischen Fußballprofis Javi Martinez ein krönendes abschließendes Kapitel geschrieben. Der Rekordmeister brachte den Defensivspieler mitten in der Nacht zum Medizincheck in die Praxis des Teamarztes Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Kurz vor vier Uhr gestern Morgen verließ Martinez die Untersuchungsräume — vor neugierigen Blicken mit einem aufgespannten Regenschirm geschützt.

Die abenteuerliche Reise war damit noch nicht zu Ende. Gestern stellte er sich gemeinsam mit seinem Berater und einem Vertreter des FC Bayern in Madrid im Büro des spanischen Fußball-Verbands RFEF vor, um einer seltsamen Landessitte folgend offiziell seinen Vertrag mit Athletic Bilbao aufzulösen. Damit war er frei für die Bayern, die eine Ablöse von 40 Millionen Euro zahlen. Diese stolze Summe unterstreicht, dass Martinez als Stammspieler vorgesehen ist. Das muss einige seiner Kollegen beschäftigen.

Luiz Gustavo hat eine ordentliche Saison hinter sich und bewiesen, dass er als defensiver Mittelfeldspieler die Aktionen der Gegner ziemlich wirksam einbremsen kann. Probleme hat der Brasilianer in der Spieleröffnung, er ist fußballerisch nicht der Größte. Noch belegt Luiz Gustavo die Planstelle neben Bastian Schweinsteiger.

Bastian Schweinsteiger gibt sich mal wieder alle Mühe, fit zu werden. Nach Rückschlägen in der vergangenen Saison, als er in der Aufbauphase viel zu schnell und mit Gewalt auf Topniveau wollte, packen ihn die Bayern-Trainer in Watte. Sie wollen ihn ganz behutsam an seine Bestform heranführen. Wenn er die erreicht, "ist er einer der besten Mittelfeldspieler Europas, ja der Welt", wie sein Coach Jupp Heynckes beteuert. "Ich kann das beurteilen, denn ich habe schon einige trainiert." Was geschieht, wenn Schweinsteiger sich aus lauter gutem Willen in den Dienst der Mannschaft stellt, obwohl er nicht fit ist, hat die EM gezeigt. In dieser Verfassung wird er Martinez das Wasser sicher nicht reichen dürfen.

Anatoliy Timoshchuk war schon in der vergangenen Saison nur Ergänzungsspieler. Er steht durch die Verpflichtung von Martinez nun beinahe in der dritten Reihe.

Xherdan Shaqiri hat zwar gezeigt, dass er eine sinnvolle Zweitbesetzung für die Außenspieler Franck Ribéry und Arjen Robben sein kann, er spielt allerdings sehr gern auch auf der Halb-Position im Mittelfeld. Die kann Martinez aber gleich mit erledigen. Denn die Experten nenen ihn einen "Box-to-Box-Spieler" — einen, der sich auf keinen Fall mit der reinen Defensivarbeit aufhält und ständig zwischen den Strafräumen unterwegs ist. Der deutsche Real-Profi Sami Khedira ist ein vergleichbarer Typ.

Toni Kroos hat diese Rolle auch schon gespielt. Dem hochbegabten Strategen mangelt es allerdings an Dynamik. Das wiederum kann man von Martinez nicht behaupten,

Jerome Boateng ist im Verlauf der ersten Saison bei den Münchnern besser geworden. Der international herausragende Innenverteidiger, den die Bayern brauchen, ist er aber nicht. Deshalb gibt es durchaus Zeitgenossen, die sich vorstellen können, dass Martinez seinem Beruf vorerst in der Deckung nachgehen wird. In Bilbao und bei der Nationalelf hat er das bereits getan.

Ganz unabhängig davon, welche Position der 40-Millionen-Mann einnehmen wird, steht eines fest: Er macht den vermeintlichen Stammspielern zusätzlich ordentlich Dampf. Seine Verpflichtung, der teuerste Transfer der Bundesliga-Geschichte, passt zur finsteren Entschlossenheit, die der Münchner Klub nach zwei titellosen Jahren an den Tag legt. Nicht überall wird das mit Begeisterung kommentiert. Bayer Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser zum Beispiel fand sich gern zu einer feinen Dosis Häme bereit. "Ich habe das Gefühl, dass bei den Bayern die Nerven blank liegen", sagte er, "sie versuchen, sich die Siegermentalität zurückzukaufen." Ende Oktober kann er sich ein Bild davon machen. Dann spielt Leverkusen in München.

(RP/can)
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