Tendenz schwankend Klubs sind sich bei Promille-Grenze nicht einig

München (RPO). Torkelnde und lallende Fans sind unerwünscht. Wer zu viel trinkt, kommt nicht ins Stadion. Das gilt bei allen 18 Fußball-Bundesligisten. Nur gehen sie dabei unterschiedlich vor.

Bundesliga 11/12: Die Promille-Grenzen der Klubs
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Foto: dapd

Neun Vereine versuchen es mit Promille-Grenzen. So können Fans in Nürnberg noch mit 0,8 Promille ein Spiel besuchen. Auf Schalke ist ab 1,6 Promille Schluss. Und bei Bayern München und Borussia Dortmund versuchen es die Sicherheitsdienste mit Augenmaß.

Für die Deutsche Polizeigewerkschaft ist diese uneinheitliche Regelung ungenügend: "Es wäre wünschenswert, dass überall die gleichen Promillegrenzen gelten", sagt der Vorsitzende Rainer Wendt der Nachrichtenagentur dapd. Für ihn ist klar: "Alkohol ist ein zentrales Element von Gewalt und Rechtsbruch in den Fußballstadien."

In den Stadien ist laut Lizenzierungsordnung der Deutschen Fußball Liga (DFL) "der Verkauf und die öffentliche Abgabe von alkoholischen Getränken vor und während des Spiels" grundsätzlich untersagt. Allerdings ist der Verkauf von Bier mit nicht mehr als fünf Prozent Alkoholgehalt mit "Einwilligung der örtlich zuständigen Sicherheitsorgane" und "je nach örtlichen Gegebenheiten" gestattet, wie es weiter heißt.

Hannover 96 und der FC Schalke 04 haben ihr Hausrecht bewusst genutzt, um die höchsten Promillegrenzen der Liga einzuführen. Mit 1,6 Promille dürfen sich die Fans deutlich mehr Alkohol genehmigen als in anderen Stadien. "Nach unten setzen kann man den Wert immer noch. Der andere Weg ist schwieriger", sagt Jürgen Niggemeier, Sicherheitsbeauftragter bei Hannover 96. Sein Team testet an den Eingängen durchschnittlich etwa 70 Fans pro Spiel und verweigert davon 15 den Zutritt. "Wenn wir Ausfallerscheinungen wie Torkeln oder Lallen bemerken, lassen wir pusten", erklärt Niggemeier.

"Je länger die Anfahrt, desto mehr Alkohol"

Getestet wird mit Alkomaten, wie sie die Polizei bei Kontrollen benutzt. Davon sind in Hannover vier Stück im Wert von je 600 Euro im Einsatz. Besonders gefährdet sind nach den Angaben des Sicherheitsbeauftragten jene Gästefans, die eine lange Anreise hinter sich haben: "Je länger die Anfahrt, desto mehr Alkohol wird getrunken." Hannover hat die Grenze Ende 2009 nach Absprache mit der Polizei eingeführt. Ob sie sich positiv auf die Stadiongäste ausgewirkt hat, kann Niggemeier zwar nicht anhand von Zahlen belegen. Doch er ist sich sicher, dass es weniger alkoholisierte Fans geworden sind.

Auf Schalke werden nach Angaben des Sicherheitsbeauftragten Volker Fürderer durchschnittlich 100 Stadionbesucher mit drei Alkomaten kontrolliert. Zwar müsse sein Team etwa fünf bis zehn Fans abweisen. "Einige werden aber nach einem kleinen Spaziergang rein gelassen", sagt er.

Der Duchschnittsdeutsche ist Ende 30, 1,78 groß und wiegt 82 Kilogramm. Für einen Wert von 1,6 Promille müsste er etwa drei Liter Bier in zwei Stunden trinken. Der Promillewert wirkt allerdings auf jeden Menschen anders. "Es gibt welche, die gehen bei 1,0 auf allen Vieren, andere stehen aufrecht", sagt Markus Hörwick, Pressesprecher beim FC Bayern München. Auch deshalb habe sich der FC Bayern gegen die Grenze entschieden und verlasse sich auf das Augenmaß von Polizei und Sicherheitskräften. "Schließlich haben wir 70.000 Zuschauer im Stadion, da kann man nicht jeden pusten lassen", sagt Hörwick.

"Ein Risikospiel sieht für mich anders aus"

Auch der FC Augsburg hat sich gegen eine Promillegrenze entschieden. Gästefans müssen sich in Augsburg allerdings auf einen alkoholfreien Aufenthalt einstellen. Bei Risikospielen werde am Gästeblock kein Alkohol ausgeschenkt, heißt es vom Verein. So mussten sich die Fans aus Freiburg, Hoffenheim oder Leverkusen zuletzt mit alkoholfreiem Bier begnügen. "So richtig kann ich das nicht nachvollziehen. Ein Risikospiel sieht für mich anders aus", sagt Frank Linde, Fanbeauftragter von Bayer Leverkusen.

Werder Bremens Aufsichtsratschef Willi Lemke hatte sich zuletzt dafür eingesetzt, über ein generelles Alkoholverbot in Stadien nachzudenken, nachdem Kölner Fans Fäkalien in den Schalker Block geworfen hatten. Rainer Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft rechnet nicht damit, dass es in absehbarer Zeit dazu kommt, "aber ich wünsche mir eine einheitliche Promillegrenze - so niedrig wie möglich."

(DAPD/sgo)
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